Restaurierung:

Original mit Geschichte: Francesco Squarciones „Maria mit Kind“

Restaurierungsatelier der Gemäldegalerie, Restauratorin Maria Reimelt © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / D. von Becker © © Foto: David von Becker

Francesco Squarciones Renaissance-Werk „Maria mit Kind“ wurde in den letzten Jahrhunderten durch Künstler und frühere Restauratorengenerationen stark verändert. Für die Restauratorin Maria Reimelt in der Gemäldegalerie stellte sich mit den aktuellen Maßnahmen am Bild Frage: Was ist hier noch original?

1882 bemerkte Wilhelm von Bode über ein Bild, das er für die königlichen Museen ankaufen wollte: „Gelitten hat das Bild besonders im Fleisch des Kindes, das einige grobe Retouchen zeigt, u. im Mantel der Maria, der mit einer modernen Lasur bedeckt ist.“ Gemeint war damit Francesco Squarciones „Maria mit Kind“ (um 1460), das bereits damals auf eine bewegte Provenienz und Restaurierungsgeschichte zurückblickte.

Francesco Squarcione: Maria mit dem Kind, Vorzustand 2017 © Staatliche Museen zu Berlin,
Gemäldegalerie / C. Schmidt
Details, während der Firnisabnahme © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / M. Reimelt

Das Gemälde von Squarzione, dem Adoptivvater des berühmten Malers Andrea Mantega, zeigt vor einem roten Vorhang Maria mit dem Christuskind. Sie trägt einen ehemals blauen Mantel mit Kapuze und goldenem Saum. Die Ränder der Darstellung werden von bunten Girlanden geschmückt. Im Vordergrund ruht ein Apfel auf einer Mauer, rechts und links stehen zwei hohe Kerzenleuchter.

Im Vorfeld der Ausstellung „Mantegna + Bellini. Meister der Renaissance“ in der Gemäldegalerie stand eine grundlegende Restaurierung des Bildes an. Es präsentierte sich mit einem stark vergilbten Firnis. Voruntersuchungen hatten außerdem gezeigt, dass das Gemälde durch mehrere Restaurierungen in den letzten Jahrhunderten stark verändert und beschädigt wurde. Neben der Frage, was hier noch Original ist, beschäftigte die Restauratorin Maria Reimelt auch, welche Spuren der Geschichte des Bildes bewahrt bleiben sollen.

Was ist Original?

Wann genau Squarziones „Maria mit Kind“ so stark überarbeitet wurde ist unklar, allerdings ist bekannt, dass es sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Besitz des venezianischen Kunsthändlers und Restaurators Giovanni Maria Sasso befand. Die Untersuchungen lassen vermuten, dass Sasso durch eine intensive Reinigung die Malerei stark verputzte und partiell komplett zerstörte. Anschließend übermalte er vermutlich den enorm beschädigten roten Vorhang im Hintergrund, den Mantel Marias sowie die Girlanden mit deckenden Ölfarben. Eine Kartierung zeigt das Ausmaß der Übermalungen.

Nach dem Ankauf des Bildes durch die königlichen Museen 1882 wurde das Bild in einer erneuten Restaurierung weiter übermalt. Vor allem die zwei ruinösen Kerzenleuchter an den Bildrändern wurden dabei fast vollständig verändert. Original waren diese vergoldet und mit einer schwarzen Zeichnung akzentuiert – einer sogenannten „Schwarzlotmalerei“.

Aktuelle Restaurierung

Francesco Squarcione: Maria mit dem Kind, Kartierung
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / M. Reimelt

Nach der Firnisabnahme konnten die fleckigen Übermalungen vor allem im Inkarnat, also der Haut des Kindes vorsichtig mit einem Skalpell abgenommen werden. Darunter kamen gekittete Malschichtverletzungen, aber auch intakte Farbschichten zum Vorschein.

Die kompletten Übermalungen des 18. und 19. Jahrhunderts auf Vorhang, Mantel und Kerzenleuchtern wurden allerdings belassen. Sie konnten zum einen nicht gelöst werden, ohne die wenigen, darunterliegenden originalen Farbreste zu beschädigen. Zum anderen hätte man mit ihrer Abnahme eine stark zerstörte Malerei freigelegt, die den Großteil ihrer originalen Farbigkeit und Modellierung bereits verloren hat.

Die zum Teil 250 Jahre alten Übermalungen müssen heute als Teil der Bildgeschichte betrachtet werden, die uns nur einen Hinweis auf die frühere Erscheinung des Gemäldes geben können.

Mikroskopisch lassen sich viele Reste der originalen Malerei finden, zum Beispiel die azuritfarbene Malschicht des Marienmantels. Sie blitzt am Rand des Umhangs unter der heute fast schwarzen Übermalung hervor.

Neuer Glanz

Unterdessen hat Restauratorin Maria Reimelt einen neuen Firnis auf das Bild aufgebracht, der den Farben einen tieferen Glanz verleiht. Neuere Fehlstellen im Bild hatte sie zuvor mit Kreidekitt geschlossen und anschließend mit wasserlöslicher Gouache retuschiert.
Ihre umfangreiche und gleichzeitig zurückhaltende Restaurierung ist nun ebenfalls Teil der über 500 Jahre alten Bildgeschichte.

Restaurierungsatelier der Gemäldegalerie, Restauratorin Maria Reimelt © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / D. von Becker

Das Werk kann gemeinsam mit vielen weiteren Highlights der italienischen Renaissance noch bis 30.6.2019 in der Ausstellung „Mantegna + Bellini. Meister der Renaissance“ in der Gemäldegalerie betrachtet werden.

Kommentare

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    * Ich bin damit einverstanden, dass meine Daten ausschließlich für die Anfrage genutzt werden. Insbesondere erfolgt keine Weitergabe an unberechtigte Dritte. Mir ist bekannt, dass ich meine Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Dies kann ich über folgende Kanäle tun: per E-Mail an: kommunikation[at]smb.spk-berlin.de oder postalisch an: Staatlichen Museen zu Berlin – Generaldirektion, Stauffenbergstraße 41, 10785 Berlin. Es gilt die Datenschutzerklärung. der Staatlichen Museen zu Berlin, die auch weitere Informationen über Möglichkeiten zur Berichtigung, Löschung und Sperrung meiner Daten beinhaltet.