Was macht eigentlich ... :

Joachim Jäger, Leiter der Neuen Nationalgalerie

Was macht der Leiter eines Museums, wenn „sein“ Haus wegen Sanierung geschlossen ist? Joachim Jäger, Leiter der Neuen Nationalgalerie, erklärt, warum es für ihn trotzdem viel zu tun gibt und die Beschäftigung mit der Kunst nicht aufhört.

Herr Jäger, woran arbeiten Sie aktuell?
Derzeit sichte ich das große Ausstellungsarchiv zur Neuen Nationalgalerie. Unterstützung bekomme ich von der Kunsthistorikerin Constanze von Marlin und André Odier von den Freunden der Nationalgalerie. Seit der Eröffnung des Hauses 1968 bis zu seiner Schließung vor zwei Jahren haben dort rund 300 Ausstellungen stattgefunden: berühmte Ereignisse, wie die Alberto-Giacometti-Schau 1987 oder die Gerhard Richter-Retrospektive 2012, aber auch kuriose Inszenierungen wie der Einbau einer Zirkusarena in der oberen Halle. Zum 50. Jubiläum der Neuen Nationalgalerie im nächsten Jahr soll ein Buch erscheinen, das an viele dieser besonderen Projekte erinnern wird.

Sie sind Leiter eines Museums, das sanierungsbedingt mehrere Jahre lang nicht geöffnet ist. Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Öffentliches Bauen bedeutet hunderte von Abstimmungen, gerade bei einer denkmalgerechten Sanierung. Was kann weg, was brauchen wir neu, was muss unbedingt erhalten werden? Dies sind permanente Fragen, mit denen ich konfrontiert bin. Aktuell stehen wir zum Beispiel vor dem Dilemma, dass wir die herrliche Patina der originalen Möbel von Mies van der Rohe unbedingt erhalten möchten, andererseits die Möbel aber so aufgearbeitet werden müssen, dass sie viele weitere Jahre halten. Bei allen Entscheidungen sprechen viele Partner mit: die Denkmalpflege, die Baubehörde, die Stabsstelle Bau der Staatlichen Museen zu Berlin, die Architekten oder wir als unmittelbare Nutzer. Spaß daran macht, dass man sehr viel über den Bau und seine Geschichte lernt. Und dass man sich am Ende doch meist einigt.

Haben Sie neben der Sanierung noch weitere „Baustellen“?
Tief involviert bin ich auch in das Neubau- Projekt am Kulturforum und weiterhin in die Ausstellungsplanung. Denn schließlich haben wir mit der „Neuen Galerie“ im Hamburger Bahnhof einen erstklassigen Raum für die Kunst der Moderne, den wir regelmäßig bespielen – aktuell mit der Ausstellung „Rudolf Belling. Skulpturen und Architekturen“. Aber auch in Charlottenburg, in der Sammlung Scharf-Gerstenberg und im Museum Berggruen werden die Bestände unter ständig wechselnden Themen und Perspektiven gezeigt.

Was mögen Sie am meisten an Ihrem Beruf?
Der unmittelbare Umgang mit bildender Kunst bleibt für mich faszinierend. Im Museum ist man in der luxuriösen Situation, mit der Kunst quasi zusammen zu leben, viele Werke jedenfalls sehr häufig zu sehen. Manche werden dabei zu Freunden, andere bleiben ewig sperrig und verschlossen; wieder andere rufen selbst nach Jahren noch Irritationen und Fragen hervor. Das Museum ist für mich ein besonderer Erfahrungsort – deshalb sind auch spezifische Räume und Aufführungsformen so wichtig. Daran arbeiten zu können, das schätze ich an meinen Beruf.

Und was am wenigsten?
Schwer fällt der große Verwaltungsaufwand, der mit fast jeder Maßnahme verbunden ist.

Was ist das kurioseste oder aufregendste Erlebnis, das Sie mit der Sanierung Ihres Hauses verbinden?
Wirklich aufregend ist es, das Dach der Neuen Nationalgalerie zu betreten. Dieses monumentale Stahldach ist ja sonst nicht zu erreichen. Dort oben hat man nicht nur eine spektakuläre Aussicht auf den Potsdamer Platz und die Umgebung. Man versteht vor allem, warum sich Mies van der Rohe damals genau diesen Bauplatz ausgesucht hat: Das Museum ist genau eingepasst zwischen St.-Matthäus-Kirche und Landwehrkanal, präzise auf diese Fixpunkte hin ausgerichtet. Das versteht man nur, wenn man es von dort oben sieht.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Neue Nationalgalerie wieder geöffnet ist?
Am meisten freue ich mich auf die Rückkehr der Kunstwerke in dieses Haus und auf die Besucher. Auf ein neues, pulsierendes Leben im gerade stillgelegten Tempel.

Titelbild: David von Becker

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