Museumsgeschichte:

Blick ins Archiv – Das historische Gedächtnis des Ägyptischen Museums

Grabungs-Tagebuch der D.O.G.-Kampagne in Tell el-Amarna, 1913/14, S. 28: Grundriss und Erläuterung des Hauses P 47,18 © Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv
Grabungs-Tagebuch der D.O.G.-Kampagne in Tell el-Amarna, 1913/14, S. 28: Grundriss und Erläuterung des Hauses P 47,18 © Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv

Das Archiv ist das Gedächtnis eines jeden Museums. Auch das Ägyptische Museum und Papyrussammlung verfügt über umfassende Archive, die die spannende und bewegte Geschichte der Sammlung und des Hauses erzählen.

Text: Christina Hanus

Das Ägyptische Museum und Papyrussammlung hütet tausende kostbare und faszinierende Schätze der Vergangenheit. Doch neben den rund 40.000 archäologischen Objekten, von Schmuck und Alltagsgegenständen über Mumien bis hin zu Monumentalarchitektur und etwa 60.000 bedeutenden Schriftträgern (darunter Papyri und Ostraka) verfügt das Museum auch über unzählige wertvolle Zeugnisse seiner eigenen Entstehungsgeschichte. Diese zu sammeln und zu bewahren zählt ebenso zu den Aufgaben des Museums. Das Archiv des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung lagert in einem Verwaltungsgebäude in der Geschwister-Scholl-Straße unweit der Museumsinsel. Hier, hinter eher unscheinbaren Mauern, befindet sich ein wahrer Schatz an Dokumenten und Bildträgern, den bislang nur wenige Wissenschaftler und Fachleute kennen und nutzen. Die wissenschaftliche Auswertung der Zeitzeugnisse steht noch ganz am Anfang.

Wechselvolle Geschichte
Die Archivbestände des Ägyptischen Museums und der Papyrussammlung wuchsen seit dem frühen 19. Jahrhundert kontinuierlich an. Die Bedeutung und Betreuung der Archive rückte jedoch durch den Zweiten Weltkrieg und die anschließende Teilung Deutschlands – und somit auch des Ägyptischen Museums – in den Hintergrund.

Abb. 1 Originalzeichnung (um 1827) von Joseph Passalacqua: Funde im Grab des Mentuhotep. Das linke Bootsmodell und die Frauenstatuette gelten seit dem Zweiten Weltkrieg als Kriegsverlust.  © Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv
Abb. 1
Originalzeichnung (um 1827) von Joseph Passalacqua: Funde im Grab des Mentuhotep. Das linke Bootsmodell und die Frauenstatuette gelten seit dem Zweiten Weltkrieg als Kriegsverlust.
© Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv

Nach 1945 bemühten sich die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Museumsstandorte in Ost (Museumsinsel) wie West (Charlottenburg) in erster Linie, die Objekte zu bergen, zu sichten, neu zu ordnen und zu restaurieren. Durch die Wiedervereinigung Deutschlands standen später die Zusammenführung der Sammlungsbestände und die Zusammenlegung der gemeinsamen Administration für die Ägyptischen Museen in Berlin-Ost und Berlin-West im Vordergrund. Es wurde angestrebt, der Öffentlichkeit so bald wie möglich eine gemeinsame Dauerausstellung zu präsentieren.

Als beide Museen 2007 mit ihren Büros in das heutige Verwaltungsgebäude in der Geschwister-Scholl-Straße einzogen, konnten auch das Dokumenten- und Fotoarchiv in separaten Räumlichkeiten untergebracht werden.

Ein Blick in die Schatzkästchen
Der Bestand des Dokumentenarchivs lagert an zwei Standorten: im Verwaltungsgebäude des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung und im angrenzenden Zentralarchiv im Neubautrakt des Archäologischen Zentrums. Rund 66 laufende Regalmeter Archivgut, zusammengesetzt aus circa 30.000 Archivalien, sind dabei in den Räumlichkeiten des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung untergebracht.

Zu den besonderen Kostbarkeiten gehören das Inventarverzeichnis des italienischen Unternehmers und Antikensammlers Giuseppe Passalacqua (1797–1865) mit dazugehörigen Originalzeichnungen seiner Funde (Abb. 1), Grabungstagebücher der Kampagnen der Berliner Königlichen Museen aus den Jahren 1898 bis 1914 (Abb. 2), Expeditionstagebücher der Preußischen Expedition (1842–1845) unter Carl Richard Lepsius (1810–1884) sowie historische Inventarverzeichnisse aus der Zeit zwischen 1828 und 1900 (Abb.3). Ebenfalls zum Archiv gehören die originalen, mit handschriftlichen Korrekturen versehenen Probedrucke von Lepsius’ Publikation „Denkmaeler aus Aegypten und Aethiopien“, die übrigens bis 15.7.2018 im Fokus einer Ausstellung in der Alten Nationalgalerie steht.

Grabungs-Tagebuch der D.O.G.-Kampagne in Tell el-Amarna, 1913/14, S. 28: Grundriss und Erläuterung des Hauses P 47,18  © Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv
Grabungs-Tagebuch der D.O.G.-Kampagne in Tell el-Amarna, 1913/14, S. 28: Grundriss und Erläuterung des Hauses P 47,18
© Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv
Abb. 3  Laufzettelverzeichnis 1912, S. 531 und 532 © Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv
Abb. 3
Laufzettelverzeichnis 1912, S. 531 und 532
© Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv

Neben diesen herausragenden historischen Dokumenten gewähren zahlreiche Dokumente einen lebendigen Einblick in längst vergangenen Sammlungsalltag. So finden sich im Archiv auch Korrespondenzen, Landkarten, Pläne und Nachlässe ehemaliger Ägyptologen am Berliner Museum wie Heinrich Brugsch oder Rudolf Anthes. Letztere liefern unschätzbare Informationen zu Objekten, die im Verlauf des Zweiten Weltkriegs zerstört wurden oder seither als vermisst gelten (Abb. 4+5).

Ergänzend zu diesem reichen Bestand beherbergt das benachbarte Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin in seinen Räumen insgesamt 733 Akteneinheiten des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung. Diese beinhalten zum einen über 130 „Altakten“ aus der Zeit bis 1945 und zum anderen das „Verwaltungsarchiv“ mit insgesamt 600 Einheiten aus West- und Ost-Berlin aus der Zeit nach 1945.

Abb. 4 + 5  „Topfkatalog Krönig-Bothmer 1932–34“ mit Zeichnung des Gefäßes ÄM 7221 (im Zweiten Weltkrieg nach Schloss Sophienhof ausgelagert, gilt als vermisst).  © Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv
Abb. 4 + 5
„Topfkatalog Krönig-Bothmer 1932–34“ mit Zeichnung des Gefäßes ÄM 7221 (im Zweiten Weltkrieg nach Schloss Sophienhof ausgelagert, gilt als vermisst).
© Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv
Abb. 4 + 5  „Topfkatalog Krönig-Bothmer 1932–34“ mit Zeichnung des Gefäßes ÄM 7221 (im Zweiten Weltkrieg nach Schloss Sophienhof ausgelagert, gilt als vermisst).  © Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv
Abb. 4 + 5
„Topfkatalog Krönig-Bothmer 1932–34“ mit Zeichnung des Gefäßes ÄM 7221 (im Zweiten Weltkrieg nach Schloss Sophienhof ausgelagert, gilt als vermisst).
© Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv

Bilder der Vergangenheit – Das Fotoarchiv
Neben den vielen faszinierenden Geschichten, die im Schriftarchiv auf ihre Wiederentdeckung warten, schlummern weitere bedeutende Zeitzeugnisse in den Beständen des Fotoarchivs. In vier voll klimatisierten Räumen im Verwaltungsgebäude des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung lagern rund 80.000 Bildträger, darunter frühe Fotografien, die bis ins Jahr 1852 zurück datieren (Abb. 6). Einem Fenster in die Vergangenheit gleich, zeigen die so genannten Reise- und Studiofotografien altägyptische Monumente, islamische Bauwerke, Landschaften oder Szenen aus dem Alltag in Ägypten.

Abb. 6:  Historische Fotografie (um 1920): Blick über der Kupfergraben auf die Museumsinsel und auf das Neue Museum mit Verbindungstrakt zum Alten Museum.  © Staatliche Museen zu Berlin – PK, Zentralarchiv, Foto: Hermann Rückwardt
Abb. 6:
Historische Fotografie (um 1920): Blick über der Kupfergraben auf die Museumsinsel und auf das Neue Museum mit Verbindungstrakt zum Alten Museum.
© Staatliche Museen zu Berlin – PK, Zentralarchiv, Foto: Hermann Rückwardt

Ergänzend dazu beherbergt das Archiv die wissenschaftlichen Fotografien, die für die Dokumentation von Expeditionen und Grabungen angefertigt wurden und einen hohen historischen aber auch künstlerischen Wert haben. Vor allem Aufnahmen der eigenen Sammlungsobjekte bilden einen wichtigen Bereich der Objektfotografie innerhalb des Bestandes (Abb. 7) und liefern so u.a. wichtige Informationen zu kriegszerstörten oder vermissten Objekten. Bei der Dokumentation der eigenen Museumsgeschichte spielen darüber hinaus Fotos von Raumansichten vergangener Dauer- und Sonderausstellungen wie auch Außenaufnahmen des Neuen Museums eine wichtige Rolle.

Vergangenheit und Zukunft
Durch die wechselhaften gesellschaftspolitischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts entstand in jüngerer Vergangenheit ein stetig wachsendes Interesse an Archivalien und der Erschließung der eigenen Museumsgeschichte. Das Ägyptische Museum und Papyrussammlung plant in den kommenden Jahren neben einer kompletten Archiverschließung und Digitalisierung der Bestände auch die kontinuierliche wissenschaftliche Aufarbeitung der Zeitzeugnisse beider Archive. Man darf gespannt sein, welche spannenden Geschichten dabei zutage gefördert werden.

Abb. 7:  Modelltafel eines Amuelttfabrikanten ÄM 20600 (Holz, Blattgold, verschiedene Halbedelsteine). Im Zweiten Weltkrieg nach Schloss Sophienhof ausgelagert, gilt heute als vermisst.  © Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Fotoarchiv
Abb. 7:
Modelltafel eines Amuelttfabrikanten ÄM 20600 (Holz, Blattgold, verschiedene Halbedelsteine). Im Zweiten Weltkrieg nach Schloss Sophienhof ausgelagert, gilt heute als vermisst.
© Staatliche Museen zu Berlin – PK, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Fotoarchiv

Kommentare

    Kommentare

  • I am researching the Kampagnen der Berliner Königlichen Museen to Western Thebes 1911 and 1913, particularly the work of Georg Möller. I hope to find his Fundjournal and any other documents relating to this expedition.
    Please tell me what your Archiv contains about this expedition?
    I will be in Berlin in late September and early October 2018. I sincerely hope to arrange to study the relevant documents and photos in person.
    Danke sehr!
    Nancy R. Thomas, Jacksonville University, Jacksonville, Florida USA

    • Dear Nancy Thomas,

      thank you for your question! That research project of yours sounds very interesting, please contact our colleagues from the Ägyptisches Museum directly about it, via this e-mail: aemp@smb.museum
      They will be glad to help you out.

      Best regards from the blog team

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