Das Universalmuseum im Netz
19 Museumsgebäude, 15 Sammlungen und vier Institute auf einer einzigen Website – wie geht das? Fabian Fröhlich, stellvertretender Leiter des Referats Presse, Kommunikation, Sponsoring über den neuen Internetauftritt und die komplizierte Struktur der Staatlichen Museen zu Berlin.
Seit einigen Wochen haben die Staatlichen Museen zu Berlin einen neuen Internetauftritt. Was war das Ziel dieser Überarbeitung?
Der letzte Relaunch war 2013, und im Laufe von drei Jahren wächst natürlich die Wunschliste mit Punkten, die man gerne verbessern würde. Dank einer Zuwendung des Kuratoriums Preußischer Kulturbesitz konnten wir das im letzten Jahr dann auch angehen. Wir haben das ursprüngliche, von der Kommunikationsagentur BOROS entworfene Layout gemeinsam mit der Agentur xmental TYPO3 Lösungen weiterentwickelt und an verschiedenen Stellen nachjustiert, sowohl hinsichtlich des Layouts als auch der Struktur und verschiedener Funktionen. Wichtig waren uns eine plakativere Gesamtwirkung, eine übersichtlichere Navigation und eine Stärkung der Einstiegsseiten für die einzelnen Museen – und das alles auch im Hinblick auf mobile Endgeräte. Responsive war das Webdesign auch vorher, aber eben doch noch sehr vom Desktop her gedacht.
Und was genau hat sich im Vergleich zur alten Website verändert?
Für eine bessere Darstellung auf dem Smartphone wurden zum Beispiel Schriften verändert, die Ladezeit von Bildern reduziert oder die verschiedenen Bildformate und doppelten Slideshows abgeschafft. Und durch eine größere Anzahl von flexibel belegbaren Teaserboxen und den Kalender auf der Startseite haben wir jetzt mehr Möglichkeiten, Inhalte, die uns wichtig sind, prominent zu platzieren.
Noch deutlicher als auf der übergreifenden Startseite sieht man die Veränderung bei den Einstiegsseiten der einzelnen Museen. smb.museum/home hat zwar eine wichtige Portalfunktion, aber in der Summe viel häufiger sind Quereinstiege. Oft googelt man ja z.B. ein bestimmtes Museum, das man besuchen will, und dann landet man direkt bei dem entsprechenden Haus.
Bei der alten Website wurde man bei diesen Einstiegsseiten jeweils von einem einzigen Bild, einem Fließtext und drei Menüs mit bis zu 40 Menüpunkten empfangen. Es gab keine zweite Navigationsebene und nur wenige Möglichkeiten der Gliederung. Das haben wir bei allen Museen und Sammlungen umstrukturiert und – wie wir hoffen – übersichtlicher und attraktiver gestaltet. Wie bei smb.museum/home sieht man nun auch bei den Seiten der Häuser und Sammlungen sofort die aktuellen Ausstellungen in einem Slider, und gibt es die Möglichkeit, verschiedene Inhalte mit Bildern zu teasern. Das heißt, die Einstiegsseiten für die Museen – wie zum Beispiel dem Museum Europäischer Kulturen – sehen jetzt tatsächlich wie Startseiten aus und nicht wie irgendwelche Unterseiten.
So eine Website neu zu bauen ist bestimmt eine Mammutaufgabe. Was sind dabei die größten Herausforderungen?
Die größte Herausforderung bei der Arbeit mit der Website ist einfach die Größe der Staatlichen Museen zu Berlin als Einrichtung. Es geht nicht nur um ein einzelnes Museum, sondern um einen ganzen Kosmos von Museen, Sammlungen und Instituten an verschiedenen Standorten, der abgebildet werden muss. Das ist zunächst mal eine Menge Content: ungefähr 1800 Seiten in TYPO3 plus jährlich weit mehr als 1000 neue Seiten für einzelne Ausstellungen, Veranstaltungen, Nachrichten, Pressemitteilungen und Pressefotos, die über eine Schnittstelle aus einem internen Raum- und Terminplaner namens SMart eingespielt werden. Fast alles jeweils auf Deutsch und Englisch.
Bedingt durch die Größe kam bei diesem Projekt ein gewisser Schmetterlingseffekt hinzu: Man beschließt, etwas im Detail zu ändern, und merkt erst allmählich, was das an anderer Stelle für Konsequenzen hat. Wir haben zum Beispiel unterschätzt, was es heißt, 38 verschiedene Hauptmenüs und Startseiten neu zu strukturieren. Wir mussten überhaupt erstmal ein Schema finden, das auf alle anwendbar ist, dabei aber auch genügend Varianz und Flexibilität zulässt. Die ursprüngliche Leistungsbeschreibung für die Agentur passte auf zwei Seiten – da war uns noch nicht wirklich klar, was auf uns zukommt. Vor allem für die Kolleginnen, die die Website redaktionell betreuen, kam dieses Projekt noch zum eigentlichen Tagesgeschäft dazu, das war schon eine große Belastung. Gemessen an der Menge der Museen und der Inhalte, die wir kommunizieren, sind wir personell nicht allzu üppig ausgestattet. Für Projekte, die über den Basisbetrieb hinausgehen, also zum Beispiel für den Blog, sind wir auf Drittmittel angewiesen.
Mindestens genauso herausfordernd wie die reine Größe finde ich für die Website aber die Struktur der Staatlichen Museen zu Berlin, die einfach sehr komplex ist. Was wir nach außen kommunizieren, sind an erster Stelle die 19 Museen (einschließlich der Neuen Nationalgalerie und der Friedrichswerderschen Kirche, die zurzeit geschlossen sind). Die hinter diesen Museen liegende Binnenstruktur, die auch die interne Organisation prägt, besteht aber aus 15 Sammlungen plus vier Instituten. Wie man auf der Überblicksseite sieht, sind Museumsgebäude und Sammlungen in Teilen deckungsgleich, meistens aber nicht. Die Nationalgalerie zum Beispiel ist auf fünf Häuser verteilt. Umgekehrt sind im Pergamonmuseum drei Sammlungen beheimatet: Antikensammlung, Vorderasiatisches Museum und Museum für Islamische Kunst. Jede dieser Sammlungen hat einen Direktor und jede hat ein Logo, durch das sie auf Printprodukten zum Beispiel als Veranstalter einer Ausstellung auftritt – ein Gebäude wie das Pergamonmuseum hat weder das eine noch das andere. So etwas ist nach außen nicht immer ganz einfach zu vermitteln.
Für die meisten Museumsbesucher ist ja vor allem das jeweilige Haus wichtig, in das sie gehen – weniger die Sammlungen oder eine vergleichsweise abstrakte Größe wie die Staatlichen Museen zu Berlin. Aber auch die Sammlungen haben als historisch gewachsene Institutionen mit jeweils eigenem Profil ein berechtigtes Interesse daran, sich darzustellen. Und für die Wissenschafts-Community sind z. B. die Antikensammlung oder das Münzkabinett relevanter als das Alte Museum oder das Bode-Museum. Als weitere Hierarchieebenen kommen dann noch die Generaldirektion hinzu, in der Querschnittsaufgaben wie die IT oder Bildung und Kommunikation angesiedelt sind, und die übergeordnete Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der wir alle gehören. Die Stiftung wiederum bildet einen noch umfassenderen Kosmos von Museen, Bibliotheken, Instituten und Archiven.
Da muss man sich immer wieder mit der Frage auseinandersetzen: Was von dieser Struktur ist für die Besucheransprache eigentlich relevant? Und was vielleicht vor allem für uns selbst? Wie gewichtet man das jeweils, und welche Information könnte man auch weglassen? Das gilt nicht nur für die Website, sondern für die Kommunikation insgesamt. Da geht es auch darum, wer überhaupt der Absender von Inhalten ist und wer die Adressaten.
Wir fragen uns ja auch manchmal selbst: Wer, der das nicht aus der Innensicht kennt, soll diese verschachtelte Struktur um Himmels Willen verstehen? Die Website versucht zwar, alles darzustellen und nachvollziehbar zu machen, aber das macht sie in ihren ganzen Verzweigungen und Verknüpfungen auch ziemlich labyrinthisch.
Wäre das ein Wunsch für die Zukunft? Die Website weniger komplex zu machen?
Manchmal schaue ich schon ein wenig neidvoll auf Websites anderer Museen und denke: Wow, wie schlank, wie übersichtlich. Wie haben die das hinbekommen, ihre Navigation derart zu vereinfachen? Aber gerade bei den Museums-Websites, die mich wirklich begeistern, handelt es sich in der Regel um Häuser, bei denen alles unter einem Dach vereint ist. Ich habe bisher noch kein Vorbild gefunden, das auf uns übertragbar wäre.
Der Gedanke, mal Tabula rasa zu machen, und den Internet-Auftritt nicht nur innerhalb der bestehenden Strukturen nachzubessern, sondern völlig neu zu denken, ist schon verführerisch. Aber einfach den Content zu reduzieren, kann natürlich keine Lösung sein. Wenn man etwas anders machen wollte, hieße das eher, über klarere Strukturen, über bestehende und neue Kanäle und Formate und über Personal nachzudenken. Unser Ziel sollte sein, noch mehr zu erzählen, nicht weniger. Geschichten haben wir ja genug.
Titelbild: Ingo Morgenroth
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