Forschungsprojekt: Das Stundenbuch der Maria von Geldern
Das Handschriftenprojekt Maria von Geldern widmet sich der Untersuchung und dem Erhalt einer der schönsten Handschriften aus dem Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin. Am heutigen Dienstag präsentieren die Fachleute vom Rathgen-Forschungslabor und ihre Partner die Ergebnisse.
Eine der schönsten und kostbarsten Handschriften der Staatsbibliothek zu Berlin ist das Stundenbuch Maria von Geldern. Die mittelalterlichen Handschrift, die 1415 im Augustiner-Chorherrenkloster der niederländischen Stadt Arnheim für die Herzogin Maria von Geldern hergestellt wurde, enthält 92 Miniaturen von hervorragender künstlerischer Qualität sowie zahlreiche historisierte Initialen und gemalte Bordüren. Es gilt als eines der Hauptwerke der niederländischen Buchmalerei.
So wertvoll die Handschrift ist, so fragil ist sie mit der Zeit geworden: Risse im Pergament, abgeriebene und abgeplatzte Malschichten, Goldabrieb, Craquelé-Bildung und pudernde Malschichten gehören zu den Schäden, die die Restauratoren heute feststellen können.
Vier unterschiedliche Künstler
Um die Handschrift 600 Jahre nach ihrem Entstehen wieder nutzbar zu machen und auch kunsthistorisch neu zu bewerten, wurde nun via Crowdfunding ein eigenes Projekt ins Leben gerufen: Kunsthistoriker, Naturwissenschaftler und Restauratoren der Radboud-Universität Nijmegen, der Staatsbibliothek zu Berlin und des Rathgen-Forschungslabors der Staatlichen Museen zu Berlin arbeiten darin gemeinsam an kunsthistorischen und konservierungswissenschaftlichen Fragestellungen.
Zahlreiche zerstörungsfreie Analysenverfahren wie Röntgenfluoreszenz, Vis-Spektroskopie, Raman-Spektroskopie und Infrarot-Spektroskopie ermöglichen eine genaue Charakterisierung des Pergaments und der Malmaterialien wie Pigmente, Farbstoffe und Tinten.
Laut einer kunsthistorischen Analyse der Handschrift waren mindestens vier unterschiedliche Künstler an der Herstellung der Miniaturmalereien beteiligt. Die genaue Identifizierung der Zusammensetzung der verschiedenen Farben könnte nun möglicherweise diese Händescheidung, also die Unterscheidung verschiedener Künstler, bestätigen.
Gelüftete Geheimnisse
Neben den kunsttechnologischen Untersuchungen muss das vorliegende Schadensbild geklärt werden: Warum bricht das Pergament an den entsprechenden Stellen? Verschlimmert sich der Schaden und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Diese Fragestellungen werden zusammen mit dem Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energien Berlin bearbeitet, wo Dank der Synchrotronstrahlung neue innovative Messmethoden zur Verfügung stehen. Die Untersuchungsergebnisse bilden dann die Grundlage zur Erarbeitung eines neuen und effizienten Konservierungskonzepts, das unter anderem feststellt, ob und wenn ja wie die Handschrift wieder gebunden werden kann.
Eine spannende Forschung also, die diese bedeutende Handschrift in einem neuen Licht erstrahlen lässt und sicher das eine oder andere Geheimnis lüftet. Die Ergebnisse des Projektes wurden Ende Oktober im Rahmen der öffentlichen Vortragsreihe „KWD – Konservierungswissenschaft im Dialog“ vorgestellt – es gibt aber auch hier im Blog ein Update mit den wichtigsten Ergebnissen.
Das Projekt „Maria von Geldern“ wird von der Ernst von Siemens Kunststiftung finanziell unterstützt.
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