Lackkunst im Schloss Köpenick, Teil 2: Lob der guten Herrschaft
Diese Serie von Blogeinträgen ist der Versuch, während der Laufzeit in loser Folge über die Entstehung der Ausstellung „Lob der Guten Herrschaft. Die Lackkunst des Gérard Dagly“ in Schloss Köpenick zu berichten.
Blognotizen
von Dr. Achim Stiegel, Kurator der Ausstellung „Lob der Guten Herrschaft. Die Lackkunst des Gérard Dagly“ und seit bald 15 Jahren Kurator der Möbelsammlung am Kunstgewerbemuseum.
Endete der letzte Blogeintrag mit der Detailaufnahme vom Lackpaneel der linken Tür des Münzschrankes, soll hier zu Beginn die rechte Türseite gezeigt werden.
Die beiden Bildtafeln der Front zeigen Uferlandschaften mit bizarren Felsformationen, vereinzelten Bäumen und verschiedenster Vegetation. Beide Szenen sind von einem Phönixpaar dominiert. Während das pfauenähnliche Fabelwesen auf der linken Seite den Himmel beherrscht, hat sich sein Partner rechts bereits auf einem Felsen niedergelassen. Gegen die Größe der beiden Vögel nehmen sich Landschaft und Staffagefiguren winzig aus.
Ganz im Bann der Fabelwesen sind die mit den Attributen asiatischer Herkunft versehenen Figuren in Anbetung verfallen. Mit erhobenen Armen, wehenden Gewändern und exaltiertem Gestus scheinen sie die Ankunft der kaiserlichen Glücksbringer zu begehen.
Wie ungewöhnlich dieses Motiv ist, lässt schon der prüfende Blick auf die beiden Füllungen auf den Seiten des Schrankes erahnen.
Dort liegen unter einem tiefen Horizont Inseln mit komponierten Silhouetten von karg bewachsenen Felsen, an deren Ufer sich Pavillons und Pagoden drängen. Die Leere des Himmels ist von einigen Wolken und Vögeln bevölkert, von denen drei – wie wir gesehen haben – ihren Weg auf das gewölbte Dach gefunden haben.
Zarte Insekten schwirren umher und zeigen uns, ebenso wie die sanft schaukelnden Gräser, dass die Schwärze mit luftiger Atmosphäre gefüllt ist. Sie alle bezeugen die dekorative Qualität der aufwendigen reliefierten Lackarbeit und die gelungene Imitation der japanischen Lackkunst takamaki-e.
In den Lacktafeln der Front jedoch geht der Künstler Dagly über die reine Imitation seiner ostasiatischen Vorbilder hinaus. So trifft dort das Phönixpaar, in China wie Japan glückbringendes Symbol für gute Herrschaft und Ausweis höchst herrschaftlicher Objekte, auf die Sphäre der Menschen. Ist diese gemeinsame Darstellung des mythischen Vogels mit den gewöhnlichen Sterblichen in der ostasiatischen Kunst bereits ohne Vorbild, so sprengt deren aufgeregter, feierlicher Gestus vollständig die asiatische Bildtradition. Das Motiv der zum Himmel ausgebreiteten Arme stammt vielmehr aus der europäischen antiken Bilderwelt und ist dort als Gestus der Anbetung bekannt.
Ein schönes Beispiel hierfür bietet ein Silbertaler, der ungefähr zehn Jahre zuvor, 1681, unter dem brandenburgischen Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm geprägt wurde, als das Herzogtum Magdeburg an Brandenburg fiel.
Hier empfängt die Personifikation Magdeburgs den Segen spendenden brandenburgischen Adler mit Zepter und Füllhorn und streckt ihm zur Huldigung ihre erhobenen Arme entgegen.
Der Münzschrank vereint somit die ostasiatische und europäische Bildtradition in einer Huldigung an Kurfürst Friedrich III., dessen Radmonogramm auf dem vergoldeten Beschlag im Zentrum des Schrankes steht.
Aus der Nähe betrachtet, besteht das Monogramm aus der viermal ins Kreuz gestellten Initialie „F III“ unter dem Kurhut, der Kopfbedeckung der Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, mit dem Zepter im Zentrum. Das Motiv bekrönt das Antikenkabinett der Brandenburg-Preußischen Kunstkammer im Berliner Schloss und im nächsten Blogeintrag soll es darum gehen, zu zeigen, dass der Münzschrank mit seiner Huldigung an den Brandenburgischen Kurfürsten nicht allein steht. Er gehört vielmehr zu einem Bildprogramm im Dienst des zentralen kurfürstlichen Projekts: der eigenen Rangerhöhung zum preußischen König.
Alle Beiträge der Serie gibt es hier.
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