Mit Pilzen gefärbt: Holz in der Neuen Nationalgalerie

Die warmen, orange-braunen Farben der Hölzer in der Neuen Nationalgalerie prägen ihren Gesamteindruck stark mit. Fachleute von ProDenkmal erläutern unseren Redakteurinnen Anne Schmedding und Constanze von Marlin die Restaurierungsplanung für die Holzoberflächen im Museum.
English Brown Oak – auf Deutsch Brauneiche – wurde von Mies van der Rohe in vielen seiner Bauten für die Innenausstattung verwendet. Dabei handelt es sich nicht um eine eigenständige Holzart. Vielmehr ist es normales Eichenholz, das sich wegen einer durch einen Pilz ausgelösten Rotfäule in dunkelbraunen bis honigfarbigen Tönen verfärbt. Die charakteristische rot-braune Farbe in Miesschen Bauten ist also natürlich entstanden und wurde nicht künstlich erzeugt. Die Farbigkeit ist allerdings nur bedingt lichtbeständig, das gilt auch für die beiden Garderoben einschließlich der Tresen in der oberen Halle. Vor allem die Außenwände sind über die Jahre aufgehellt, weil sie am stärksten dem Licht ausgesetzt waren. Im Inneren der Garderobe hingegen sind sie ungefähr so dunkel wie zur Bauzeit.

Ziel der restauratorischen Maßnahme für die Garderoben ist die tonale Angleichung verschiedener Ausbleichstufen der Brauneichenoberflächen. Bei der Anwendung materialverändernder Färbemethoden wie Beizen bestünde aufgrund der bauzeitlichen Vorbehandlung der Hölzer mit Leinöl die Gefahr eines fleckigen Ergebnisses. Daher soll durch ein additives, mehrschichtiges Bearbeitungssystem, das eine pigmentierte Zwischenlage enthält, eine einheitliche Gesamtwirkung im Sinne einer zurückhaltenden Annäherung an die Originalerscheinung entstehen. Mit der Farblasur werden im Bereich der Garderoben ausschließlich die nach außen gewandten Platten und die Tresen behandelt. Die dunkleren innenliegenden Bereiche verbleiben in ihrer heutigen Farbigkeit und werden lediglich gereinigt und falls nötig partiell restauriert. Entscheidend für die Festlegung des Verfahrens zur Behandlung der Brauneiche war die Bedingung der Reversibilität.

Zunächst wurden auf Musterplatten und später an der Vorderseite eines Tresens, Material- und Farbtests durchgeführt. Ziel der Bemusterung war die Klärung technologischer Fragen und die Bestimmung der angestrebten Farbintensität. Die Wahl fiel schließlich auf Schellack, der auf eine neue Sperrschicht aufgetragen wird und sich gegebenenfalls rückstandsfrei wieder entfernen lässt. Durch die pigmentierte Lasur werden die Wände eine hohe Lichtechtheit und UV-Stabilität haben. „Die gefundene Lösung für die Restaurierung der Garderoben in der Neuen Nationalgalerie hat die Prozessbeteiligten überzeugt, weil sie reversibel, steuerbar und wiederholbar ist, Qualitäten, die dem hohen kulturhistorischen Wert des Denkmals gerecht werden“, so Wolfgang Frey von ProDenkmal.


Text: schmedding.vonmarlin.
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