Streit um Nikolaus‘ Helfer: Der Zwarte Piet

Der Nikolaustag hat eine lange Tradition in Europa. In den Niederlanden gibt es mit dem Sinterklaas und seinem „Zwarte Piet“ eine ganz eigene Spielart, die jedes Jahr aufs Neue kontrovers diskutiert wird. Leontine Meijer-van Mensch vom Museum Europäischer Kulturen über die Tradition und die Kritik an ihr.

Jedes Kind freut sich am 6. Dezember auf den Nikolaustag. Seit dem 14. Jahrhundert wird der „Namenstag“ zu Ehren des Nikolaus von Myra abgehalten, der am 6. Dezember 343 starb. Das Fest, das von der römisch-katholischen Kirche eingeführt wurde, hat selbst die strenge Reformation in den Niederlanden im 16. Jahrhundert überdauert. Als Sinterklaas gehört es bis heute zu den wichtigsten Feierlichkeiten des Landes.

Sankt Nikolaus gilt als der Patron der Kinder; daher geht es bei dem Brauch vor allem um die Kinder, die von Mitte November bis Anfang Dezember Geschenke und Süßigkeiten bekommen. Die Krönung des Festes findet vor dem Namenstag, am Abend des 5. Dezembers, in der Familie statt.

Eine Erfindung des 19. Jahrhunderts
Eine wichtige Figur ist der Zwarte Piet (Schwarzer Peter) als Diener von Sinterklaas. Traditionell ist er braun oder schwarz geschminkt, mit großen roten Lippen, lockigem Haar und goldenen Ohrringen. Er trägt ein buntes, festlich anmutendes Kostüm, das Ähnlichkeit mit der Kleidung höfischer Diener des 16. Jahrhunderts haben soll.

Die Figur des Zwarte Piet ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Sie wurde wahrscheinlich durch die allgegenwärtige Darstellung von dunkelhäutigen Menschen auf niederländischen Porträtgemälden des 17. und 18. Jahrhunderts beeinflusst. Ende des 19. Jahrhunderts verband man den Zwarte Piet mit stereotypen Vorstellungen, die besonders von Missionaren, Wissenschaftlern und Siedlern in Übersee verbreitet wurden.

„Rassistische Nachahmung schwarzer Menschen“
In den 1970er-Jahren kamen viele Einwohner der ehemaligen Kolonien Suriname und Antillen in die Niederlande. Im Zuge dessen entwickelte sich über viele Jahre eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle und der Darstellung des Zwarte Piet als tollpatschiger schwarzer Diener. Gerade die Tradition, dass weiße Darsteller des Zwarte Piet sich das Gesicht schwarz oder braun einfärben, weckt Assoziationen mit der Praktik des „Blackfacing“, die amerikanische Theaterdarsteller seit dem 19. Jahrhundert anwendeten und die heute ebenfalls als rassistisch kritisiert wird.

1994 demonstrierte eine Amsterdamer Aktivistengruppe für „einen anti-rassistischen Sinterklaas“ ohne Zwarte Piet. Auch in den folgenden Jahren wurden ähnliche Protestaktionen „gegen entwürdigende, rassistische Nachahmungen schwarzer Menschen“ organisiert. Gleichzeitig wird bis heute dieser Bezug zur Sklaverei von vielen Niederländern aber als irrelevant und übertrieben „politisch korrekt“ angesehen. Ihrer Meinung nach sollte ein Kinderfest nicht durch politische Stellungnahmen gestört werden. Juristische Auseinandersetzungen haben zu keinem Ergebnis geführt, sondern die Fronten eher verhärtet.

Zwarte Piet vs. Regenboog Piet
Die Kontroverse um den Zwarte Piet ist auch heute noch lange nicht gelöst. Im Jahr 2013 kochte die hitzige Debatte besonders hoch: Die jamaikanische Sozialhistorikerin Verene Shepherd hatte als Mitglied der Working Group of Experts on People of African Descent der Menschenrechtsorganisation UNHCHR die Tradition als rassistisch verurteilt und ihr Ende gefordert. Im Anschluss sah sich die Wissenschaftlerin, ebenso wie zahlreiche andere UNHCHR-Mitarbeiter, einer massiven und emotionalen öffentlichen Protestwelle ausgesetzt.

Im November 2014 hat der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte festgestellt, dass die Figur des Zwarte Piet diskriminierende Elemente aufweist. Mittlerweile gibt es in den Niederlanden Bestrebungen, die dunkle Farbe des Zwarte Piet nur anzudeuten oder ihn als Regenboog Piet (Regenbogen Peter) in verschiedenen Farben anzumalen. So zeichnet sich eine Entwicklung ab, an deren Ende ein anderer, differenzierterer Blick auf diese Tradition entstehen könnte – doch bis dahin scheint es noch ein weiter Weg zu sein. Auch dieses Jahr wird das traditionsreiche Fest bereits im Vorfeld wieder von Protesten und Diskussionen begleitet.

Schwarze Stirn, schwarze Bäckchen: Nach heftigen, anhaltenden gesellschaftlichen Kontroversen wird heute das schwarze Gesicht beim
Schwarze Stirn, schwarze Bäckchen: Nach heftigen, anhaltenden gesellschaftlichen Kontroversen wird heute das schwarze Gesicht beim „Zwarte Piet“ oft nur noch angedeutet. © Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen / Ute Franz-Scarciglia

Kommentare

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    * Ich bin damit einverstanden, dass meine Daten ausschließlich für die Anfrage genutzt werden. Insbesondere erfolgt keine Weitergabe an unberechtigte Dritte. Mir ist bekannt, dass ich meine Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Dies kann ich über folgende Kanäle tun: per E-Mail an: kommunikation[at]smb.spk-berlin.de oder postalisch an: Staatlichen Museen zu Berlin – Generaldirektion, Stauffenbergstraße 41, 10785 Berlin. Es gilt die Datenschutzerklärung. der Staatlichen Museen zu Berlin, die auch weitere Informationen über Möglichkeiten zur Berichtigung, Löschung und Sperrung meiner Daten beinhaltet.

    Kommentare