Die Neue Nationalgalerie im Sommer 2017 – fast wie vor 50 Jahren
Im April 1967 wurde das Richtfest für die Neue Nationalgalerie in Anwesenheit des Architekten Mies van der Rohe gefeiert. 50 Jahre später ist im Zuge der Grundinstandsetzung fast wieder der Zustand des damaligen Rohbaus erreicht. Unsere Redakteurin Constanze von Marlin war auf der Baustelle.
Text und Fotos: schmedding.vonmarlin.
Joachim Jäger steht im Rohbau der Neuen Nationalgalerie, deren Leiter er ist, und resümiert: „Ich habe erst durch die Abnahme von Stein, Holz und den anderen Materialien begriffen, dass das Gebäude sehr einfach wirkt. Besonders im Untergeschoss verschiebt sich der Eindruck durch den fehlenden Teppich, die Wände und die Decke in Richtung eines Industriebaus“.
Die Abbrucharbeiten im Rahmen der grundlegenden Sanierung haben die industrielle Bauweise freigelegt und offenbaren neben dem regelmäßigen Stützenraster und dem Deckensystem aus Stahl-Beton-Kassetten auch die eindrucksvolle Größe der Ausstellungshalle. Zwischen den Säcken mit Bauschutt ist an den Glanz der einstigen Kunstpräsentationen kaum zu denken.
Planmäßig sind bis zu diesem Zeitpunkt natürlich alle Kunstwerke und Möbel ausgelagert und alle nicht-konstruktiven Elemente sorgfältig entfernt worden, so dass inzwischen bis auf die Glasfassade der oberen Ausstellungshalle nur noch der Rohbau steht. Neben den Maßnahmen zur Sanierung des Gebäudekerns haben die vorbereitenden Arbeiten für den Einbau eines Besucheraufzugs sowie Anlagen für die Klimatechnik begonnen. Mit jeder abgetragenen Schicht können der tatsächliche Zustand des Gebäudes und notwendigen Sanierungsmaßnahmen konkreter durch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung sowie die planenden Architekten aus dem Büro von David Chipperfield beurteilt werden.
Ein besonderer Höhepunkt der Baustellenbegehung ist der Ausblick vom Dach. Städtebaulich fügt sich das Museum genau zwischen Landwehrkanal und St. Matthäus-Kirche ein. Was damals in einer weiträumigen Brache entstand, ist heute eingebunden in die Stadtlandschaft des Kulturforums mit der Gemäldegalerie, der Philharmonie, der Staatsbibliothek und der Bebauung des Potsdamer Platzes.
Bei dem Aufstieg auf das Dach über ein Gerüst unmittelbar neben einer der acht Säulen lässt sich ihre konische Verjüngung aus unmittelbarer Nähe betrachten, mit der Mies einen optischen Trick aus der Antike auf seinen modernistische Stilikone übertrug. So erschreckend das entkernte Museum auch aussieht, bietet es in diesem Zustand doch besondere Erkenntnisse über das Zusammenspiel aller Proportionen, die die besondere Eleganz auch in Zukunft wieder ausmachen werden.
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