Instawalk:

Instagram im Bode-Museum: „Fotografie verändert sich“

Das Bode-Museum auf der Museumsinsel. © Staatliche Museen zu Berlin / Meisse

Die beiden Blogger und Instagram-Fotografen Moritz Möller und Jan Kickinger sind leidenschaftliche Verfechter der Smartphone-Fotografie. Nun haben sie ein Instagram-Event im Bode-Museum initiiert. Was sich dahinter verbirgt und warum die Smartphone-Fotografie das nächste große Kunst-Phänomen werden könnte, erklären die beiden im Interview.

Ihr beschäftigt euch mit Smartphone-Fotografie. Was bedeutet das genau und ist es für euch Hobby oder Vollzeit-Job?
Wir engagieren uns beide seit mehreren Jahren in unserer Freizeit sehr für das Thema Smartphone-Fotografie. Das bedeutet vor allem, dass wir regelmäßig mit dem Smartphone fotografieren, die Bilder dann auf Plattformen wie Instagram oder EyeEm hochladen und uns dort mit anderen Leuten darüber austauschen. Außerdem betreiben wir auch den Blog mobilephotography.de, wo wir in regelmäßigen Abständen über Dinge berichten, die rund um das Thema passieren. Wir haben beide noch Jobs, in denen wir arbeiten, aber wir machen das mit so viel Leidenschaft nebenbei, dass es fast wie ein zweiter Beruf ist.
Die Fotografie verändert sich durch den Einsatz von Smartphones. Es gibt in der Szene viele Talente und es entstehen wirklich tolle Fotos. Wenn man aber Leuten erzählt, dass die Fotos mit dem Handy gemacht sind, können sie das oft nicht glauben und sind sehr überrascht. Viele Leute wissen darüber überhaupt nichts und gerade diesen Menschen wollen wir erläutern was wir machen und ihnen zeigen, dass Fotografie mit dem Handy genauso gut sein kann wie konventionelle Fotografie mit einer „richtigen“, großen Kamera.

Jan Kickinger. Foto: mobilephotography.de
Jan Kickinger. Foto: mobilephotography.de

Wie unterscheidet sich die Smartphone-Fotografie von herkömmlicher Fotografie?
Smartphone-Fotografie ist zunächst Fotografie, die mit dem Smartphone passiert. Das kann aber auch bedeuten, dass man Bilder mit einer gewöhnlichen Kamera macht, anschließend auf dem Smartphone bearbeitet und dann in den sozialen Netzwerken teilt. Der entscheidende Faktor dabei sind die Geräte, die Telefon und Fotoapparat mit Internetanbindung kombinieren. Dadurch entsteht eine neue Form der Kommunikation mit Fotografie. Man kann ein Foto machen, es an seine Freunde verschicken und mitteilen, wo man gerade ist und was man macht; man kann künstlerisch Szenen festhalten, die gerade in der eigenen Stadt passieren, oder lifestylemäßig das eigene Leben in attraktiven Ausschnitten arrangieren und erzählen.

Der soziale Aspekt ist also integraler Bestandteil der Smartphone-Fotografie?
Nach unserer Auffassung ist es einer der Kernpunkte, der auch die ganze Fotografie verändert. Denn durch den Prozess des gemeinsamen Austausches, nicht nur online in den Kommentaren sondern auch bei Offline-Treffen, wird Fotografie zu open knowledge.
Wenn wir andere Fotografen treffen und mit ihnen gemeinsam Fotografieren gehen, dann teilen wir dabei unser Wissen und erklären uns gegenseitig, wie bestimmte Dinge funktionieren und welche Tricks und Kniffe man anwenden kann. Und dabei lernt man Fotografie auf eine Weise, die in der klassischen Fotografie so nicht existiert.

Ist die Smartphone-Fotografie Teil eines generellen Demokratisierungsprozesses, in dem klassische gerichtete Kommunikation nach dem Sender-Empfänger-Schema in immer mehr Bereichen infrage gestellt wird?
Das kann man so formulieren, zumindest für die Teile der Welt, in denen Smartphones als Kameras mit Internetanbindung existieren und entsprechende Software sowie Plattformen der Kommunikation zugänglich sind. Dadurch wird Fotografie auf neue Weise allen zugänglich gemacht und vereinfacht, weil man heute nur ein Gerät beherrschen muss, um zu telefonieren, Musik zu hören und zu Fotografieren – das alles bei einer immer stärker intuitiven Bedienung der Geräte. Die Barrieren der Nutzung sind sehr gering.

Nun plant ihr einen Instawalk im Bode-Museum. Was verbirgt sich hinter dem Begriff?
Die Instawalks sind nicht unsere Idee. Das Konzept rührt daher, dass mit dem Entstehen der Plattform Instagram Nutzer sich verabredet haben um zusammen fotografieren zu gehen. Instagram hat das dann adaptiert: Es wurde ein offizieller Instawalk-Tag für die User in den verschiedenen Städten ins Leben gerufen. Diese Instawalks sind auch einer der Gründe, warum die Community so aktiv ist – man kennt sich persönlich und teilt Erlebnisse im echten Leben, nicht nur virtuell.
Wir haben selber Instawalks veranstaltet, die Berliner Plattform dafür übernommen und später unser Blog mobilephotography.de gegründet. Wir wollten die verschiedenen Plattformen zusammenbringen, deren Gemeinsamkeit die Handy-Fotografie ist. Die Walks sind ein Label dafür, mit dem wir Leute deutschland- und europaweit verbinden können. Im letzten Jahr haben wir unter dem Hashtag #EverChangingBerlin das größte Instameet Europas veranstaltet, zu dem für ein Wochenende 200 Leute vom ganzen Kontinent angereist sind. Es gab Programm und mehrere Fotowalks und die Leute reden heute noch darüber. Das haben wir alles in unserer Freizeit gemacht – die Community ist offen und groß genug für alle, jeder kann die Initiative ergreifen und etwas starten.

Neben den Instawalks gibt es andere Formate wie das EmptyMeet, wo die Teilnehmer sich in leeren oder geschlossenen öffentlichen Gebäuden treffen. An welchen Orten gab es bereits solche EmptyMeets?
In Deutschland in der Hamburger Kunsthalle, im DKW Dieselkraftwerk Kunstmuseum in Cottbus und im Kaufhaus des Westens in Berlin. International hat es das schon in vielen Räumen gegeben, von Moskauer Museen bis zu Theatern in Griechenland. Es gibt viele tolle Orte wo man einfach unglaublich schöne Fotos machen kann. Und wenn man die Möglichkeit bekommt, das so exklusiv zu nutzen, wie wir es jetzt beim Bode-Museum machen, dann ist das etwas ganz besonderes.

Moritz Möller. Foto: mobilephotography.de
Moritz Möller. Foto: mobilephotography.de

Ihr werdet im Bode-Museum nach der Öffnungszeit auf Tour gehen – wie kamt ihr auf das Museum?
Der erste Vorschlag, dort etwas zu machen, kam aus der Community. Wir fanden die Idee gut und haben dann Kontakt aufgenommen und das organisiert. Es ist schön, dass sich inzwischen auch große Kultureinrichtungen für solche Dinge öffnen. Für die Fotografen wiederum ist es sehr reizvoll, dass sie die Räume, wo sonst die Besucher sind, einmal für sich haben und sie ganz in Ruhe fotografisch entdecken und einfangen können. Die Museen profitieren natürlich auch, weil die Leute auf ihren Accounts teilweise sehr viele Follower haben und so eine große mediale Aufmerksamkeit generiert wird.

Über den Hashtag #EmptyBodeMuseum können die Leute die Aktion dann verfolgen und die Bilder sehen, die dort entstehen. Was hat das Publikum neben schönen Bildern noch von der Aktion?
Das schöne Bild ist das Eine, aber oft werden über die Bilder ja auch Geschichten erzählt. Wie bei einem Gemälde gibt es auch Bildbeschreibungen in Form der Hashtags. Darin beschreiben die User, was sie erlebt haben und welche Erfahrungen sie gemacht haben. Für die Follower ist es sehr interessant zu sehen, was für unterschiedliche Perspektiven auf ein Szene existieren können. Denn es ist nicht so, dass alle das gleiche fotografieren – jeder hat seinen eigenen Blick wählt andere Motive und Inszenierungen. Vor Ort sieht es oft so aus, als wenn alle dasselbe fotografieren, aber wenn man die Fotos hinterher sieht, erkennt man so viele verschiedene Bilder und Blicke. Und das erzählt natürlich auch von der Vielfältigkeit der jeweiligen Location.

Hat man bestimmte Erwartungen an die Orte, die man fotografiert?
Ja und Nein. Jeder Fotograf hat seinen eigenen Stil und die Leute legen zum Teil sehr großen Wert darauf, zu kuratieren, wie die Bilder in ihrem Feed aussehen. Jeder hat dabei eigene ästhetische Präferenzen, ob es nun minimal und aufgeräumt ist, nah oder stimmungsvoll. Ich persönlich fotografiere gern Menschen und mache eher Porträts, wenn ich nicht Straßenfotografie mache.

Wollt ihr in Zukunft weitere EmptyMeets veranstalten, etwa in anderen Museen?
Das können wir uns gut vorstellen. Es gibt genug Museen in Berlin, die auch architektonisch interessant sind, denn das spielt auch immer eine Rolle.

Welchen Tipp habt ihr für jemanden, der in die Smartphone-Fotografie einsteigen möchte? Was macht ein gutes Bild in diesem Genre aus?
Das Wichtigste ist, dass es einem selber Spaß macht. Man sollte sich nicht zu sehr darauf konzentrieren, was „gut“ und angesagt ist oder was andere machen. Wenn man die eigenen Interessen kontinuierlich verfolgt, dann findet man auch seinen Weg.
Natürlich könnten wir auch sagen, dass es eine gewisse Ästhetik auf Instagram gibt, die favorisiert wird. Es wurde zum Beispiel bisher immer die Zentralperspektive bevorzugt, weil Instagram bis vor wenigen Wochen auf das Quadratformat limitiert war. Homogene bunte Farbflächen, davor eine Person, das wirkt immer sehr interessant und ist populär; auch gewisse Hashtags können dem Erfolg helfen. Aber die Frage ist, ob es das ist, was man wirklich will – uns ist die Fotografie als kreative Selbstverwirklichung dann doch zu wichtig, um nur nach solchen Kriterien zu gehen. Denn dann wird es zur reinen Oberfläche für die eigene Beliebtheit und es geht nicht mehr um das Fotografische.

Glaubt ihr, dass Smartphone-Fotografie irgendwann auch im Museum hängen wird?
Das tut sie ja schon. Erst kürzlich hat ein bekannter Künstler Instagram-Fotos von anderen Usern ausgedruckt und aufgehängt und es gibt darüber hinaus bereits weltweit Museen, die Wettbewerbe mit Smartphone-Fotografen machen und die Bilder auch ausstellen, um neue Nutzer zu gewinnen. Da sind also durchaus Ansätze dabei, die die Smartphone-Fotografie als künstlerische Ausdrucksform ernst nehmen.

Aber Wettbewerbe sind noch etwas anderes als die klassischen, monografischen Ausstellungen, die etablierten Künstlern gewidmet werden. Gibt es also doch noch eine Trennung zwischen eurer Fotografie und der traditionellen Kunst?
Ja, aber diese Trennung verschwindet immer mehr. Wir glauben daran, dass die Smartphone-Fotografie die Abgrenzungstendenzen der Kunstwelt aufbrechen kann. Die Fotografie selber hatte auch nicht immer den Status als etablierte Kunstform. Sie hat es nur in die Galerien geschafft, weil Künstler Fotografie als Medium für ihre Arbeiten verwendet haben, ob es die Bechers waren oder Andy Warhol. Die Fotografie ist durch die Hintertür in die Kunstwelt gekommen und ich denke diese Geschichte könnte sich wiederholen.

Der Instawalk im Bode-Museum ist nicht öffentlich, kann aber ab dem 17. Oktober unter dem Hashtag #EmptyBodeMuseum auf Instagram verfolgt werden. Auf der Facebookseite des Bode-Museums läuft zurzeit ein Gewinnspiel, dort werden noch 5 Plätze für den Instawalk verlost.

Titelbild: Maximilian Meisse

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