Schließtag auf der Museumsinsel – Was passiert im Neuen Museum?
Das Neue Museum auf der Museumsinsel hat jeden Tag geöffnet. Um Wartung und restauratorische Maßnahmen durchzuführen, müssen die Mitarbeiter des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung spezielle Schließtage einplanen. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Christina Hanus erzählt, was dann hinter den Kulissen geschieht.
Sieben Tage die Woche ist das Neue Museum für Besucher geöffnet. So sind Schließtage die einzige Gelegenheit für die Mitarbeiter, kuratorische und restauratorische Arbeiten durchzuführen, die vor oder nach den Öffnungszeiten nicht realisierbar sind – zum Beispiel die Vitrinen zu reinigen und die Technik zu warten. Die aufwendigen Säuberungen des mehrgeschossigen Griechischen Hofs etwa brauchen ihre Zeit – und sehen so spektakulär aus, dass sie die Besucher glatt von den ausgestellten Objekten ablenken könnten …
Während der letzten Schließtage vom 11. bis 13. April erledigten wir in der ägyptischen Sammlung ganz unterschiedliche Arbeiten. In Vitrinen, aus denen aufgrund restauratorischer Untersuchungen, zu Forschungszwecken oder für Ausleihen zu Sonderausstellungen, Objekte entnommen wurden, brachten wir „Stellvertreter“ ein, die über das entnommene Objekt Auskunft geben: wie sieht es aus, wo ist es hingekommen und vor allem: wann kehrt es zurück?
Insbesondere konzentrierten sich die Mitarbeiter des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung jedoch auf zwei größere „Baustellen“.
Kleine Staubsauger kommen in die kleinsten Ritzen
Bei der Papyrussammlung stand die Öffnung aller Vitrinen im Niobidensaal auf dem Plan. Bei diesen Tisch-Vitrinen handelt es sich um Sonderanfertigungen, die speziell für die Bedürfnisse der ausgestellten Schriftträger – Papyri, Ostraka (Stein- oder Keramikscherben), Holz, Papier oder Pergament – gebaut wurden. Die Objekte werden auf speziellen Ablageflächen, so genannten Tablaren ausgestellt, die im Dunklen der Vitrine übereinander angeordnet sind. Per Knopfdruck können Besucher das gewünschte Tablar herausfahren lassen, um sich die Objekte unter dem Glasfenster anzuschauen. Nach einigen Minuten fährt das Tablar anschließend wieder in den seitlichen Schutz der Vitrine zurück. Dabei wurde die Technik so eingestellt, dass die Bewegungen der fahrenden Tablare so wenig Erschütterung wie möglich erzeugen, um die fragilen Stücke nicht zu belasten.
Für eine gründliche Reinigung der Vitrinen-Innenräume wurden die Glasscheiben und seitlichen Wände abgenommen. Mit Hilfe von speziellen kleinen Staubsaugern können selbst kleinste Staubpartikelchen aus allen feinen Ritzen entfernt werden.
Die Mitarbeiter der Firma museumstechnik berlin überprüften bei der Gelegenheit alle Verschraubungen und erneuerten alte Dichtungen der Vitrinen. Außerdem warteten sie die Technik der herausrollbaren Tablare, kontrollierten die Beleuchtung und tauschten die Batterien aus.
Koordiniert und betreut wurden die Arbeiten von unseren Restauratorinnen Myriam Krutzsch und Tzulia Siopi und unserer Depotverwalterin Anne Schorneck. Gleichzeitig führten die Kolleginnen eine komplette Verstandortung aller ausgestellten Objekte im Niobidensaal durch. Dabei wurden Arbeitsfotos von jeder Vitrine mit ihren jeweiligen Papyri , Ostraka und Schriftträgern aus Papier, Pergament und Holz angefertigt und jedes Objekt vermessen und gewogen, um später die exakten Daten in die Museumsdatenbank einzupflegen.
Mumien werden vermessen, gewogen und abgelichtet
In der Ägyptischen Sammlung stieg die Restauratorin für organische Materialien, Kathleene Kerth, mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin, Jana Helmbold-Doyé, und der Fotografin Sandra Steiß in die „Katakomben“ der Ebene 0 hinab. Ihr Ziel: Raum 0.10 mit dem Themenbereich „Jenseitswelt“. Hier befinden sich Funde aus unterschiedlichen Bestattungen, wie dem Grab des Mentuhotep in Theben (2119–1794 v. Chr.), dem Grab des Ken-Hor, Priester des Min aus Achmim (756–712 v. Chr.), dem Grab der Tadja aus Abusir el-Meleq (746–655 v. Chr.) und dem Grab der Aline aus Hawara (Römische Herrschaft, 1.- 2. Jh. n. Chr.).
Neben der Reinigung der Vitrinen und ihrer Glasscheiben standen zusätzlich die professionelle Ablichtung des Mumienporträts der Aline sowie der Mumien ihrer drei Kinder auf dem Programm. Im Zuge dessen führten die Kolleginnen eine detaillierte Revision der Objekte durch: Sie wurden vermessen und gewogen und es wurden Arbeitsfotos angefertigt. All diese Daten fließen in die Datenbank des Museums ein, um sie auf dem aktuellsten Stand zu halten.
Der Zahnstatus gibt Auskunft über das Alter der Mumifizierten
Gerade das Grab-Ensemble der Aline steht derzeit im wissenschaftlichen Fokus des Ägyptischen Museums: Im Januar wurden CT-Scans der drei Kindermumien von Alines Töchtern am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Ernst von Bergmann Klinikums Potsdam durchgeführt. Die neuen Daten und Erkenntnisse, die dadurch über die Kinder gewonnen werden können sind faszinierend.
Beispielsweise ließ sich durch den Scan der linken Hand und durch den Zahnstatus das konkrete Alter eines der Kinder zum Zeitpunkt des Todes auf sechs bis sieben Jahre ermitteln.
Die Auswertung wird in den kommenden Monaten intensiv vorangetrieben und die Ergebnisse werden veröffentlicht – sicher auch hier im Blog. Die ersten spannenden Fakten stellt Frau Helmbold-Doyé vom Ägyptischen Museum und Papyrussammlung in einem Vortrag am 4. Oktober vor und führt dabei in den Grabkomplex der Alines in Hawara ein. Zudem wird eine Publikation in der museumseigenen Reihe „Schriften der Ägyptischen Sammlung“ erscheinen, die Beiträge zur Forschungsgeschichte des Grabes der Aline sowie die wissenschaftliche Aufarbeitung der Grabbeigaben und einen ausführlichen Bericht über die CT-Scans der Kindermumien beinhalten wird.
Eines kann schon verraten werden: Aline und ihre Kinder bergen einige Geheimnisse, die wir in der Zukunft lüften werden!
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[…] „Schließtag auf der Museumsinsel – Was passiert im Neuen Museum?“ – Staatliche Museen zu Berlin (15.4.16) […]