Soweit das Auge reicht. Der Dachaufbau der Neuen Nationalgalerie wird erneuert

Die Grundinstandsetzung der Neuen Nationalgalerie betrifft auch das charakteristische Dach der Architektur-Ikone. Welche Maßnahmen bevorstehen, erläutert unsere Redakteurin Constanze von Marlin.

Text: schmedding.vonmarlin.

In den 1980er Jahren wurde der Dachaufbau der Neuen Nationalgalerie bereits einmal ertüchtigt. Dennoch ist der Zustand der nunmehr über 30 Jahre alten Dachaufbauten nicht mehr tragbar. Im Rahmen einer baulichen Bestanderfassung im Jahr 2009 durch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung wurde stehendes Wasser auf dem Stahldach über der Ausstellungshalle festgestellt.

Blick auf die Neue Nationalgalerie vom Turm der St. Matthäus-Kirche. Foto: schmedding.vonmarlin.
Blick auf die Neue Nationalgalerie vom Turm der St. Matthäus-Kirche. Foto: schmedding.vonmarlin.

Ein neuer Dachaufbau sowie die Säuberung und restauratorische Behandlung des Metallanstrichs sind geplant, um das Wahrzeichen des Bauwerks wieder instand zu setzen. Im Detail bedeutet das, dass die bestehenden Dichtungen und Dämmebenen zurück gebaut und damit auch alle schadstoffhaltigen Baumaterialien beseitigt werden. Die neue durchgehende Dämmschicht stellt den bauzeitlichen Aufbau und die durchgehende Dachfläche wieder her.

Bei vorbereitenden Untersuchung zur Grundinstandsetzung wurde stehendes Wasser unterhalb der Abdichtungsebene auf dem Dach entdeckt. Foto: David Chipperfield Architects für das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Bei vorbereitenden Untersuchung zur Grundinstandsetzung wurde
stehendes Wasser unterhalb der Abdichtungsebene auf dem Dach entdeckt. Foto: David Chipperfield
Architects für das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)

Nachhaltiger Dämmstoff
Die Dämmstoffstärke von sechs Zentimetern ermöglicht es, die bauzeitliche Geometrie des Dachrandes beizubehalten und erfüllt den Mindestwärmeschutz. Zur Verbesserung des Mindestwärmeschutzes sind eine zwölf Zentimeter starke Innendämmung in nicht sichtbaren Bereichen und eine vier Zentimeter dicke Flankendämmung an den Dachstegen vorgesehen.

Die Dämmung wird im Sinne von Mies van der Rohes ursprünglicher Planung und der Nachhaltigkeit aus Schaumglas sein. Das Produkt besteht ausschließlich aus mineralischen Rohstoffen, Hauptbestandteil ist mit 60 Prozent Recyclingglas. Schaumglas ist ein sehr langlebiges Material und die Entsorgung erfolgt als Bauschutt oder Füllmaterial. Die einzelnen Schaumglasplatten werden mit Heißbitumen abgedichtet, zum Schutz des darunter liegenden Ausstellungsraums.

Der alte Dachaufbau wird entsorgt. Foto: schmedding.vonmarlin.
Der alte Dachaufbau wird entsorgt. Foto: schmedding.vonmarlin.

Besserer Wärmeschutz, ursprüngliche Erscheinung
Überdeckt wird das Schaumglas mit einem hochwertigen Abdichtungssystem und einer Granit-Kies Schicht. Damit wird die neue Dachoberfläche äußerlich dem bauzeitlichen Bild entsprechen aber gegenüber dem Dach aus den 1960er Jahren einen wesentlich höheren Wärmeschutz und eine bessere Dichtigkeit aufweisen. Ziel ist es, die Tragkonstruktion wieder als ein ganzheitliches System, unabhängig vom Betrachterstandpunkt, erlebbar zu machen.

Eine Folge der Dachsanierung ist die planmäßige Stabilisierung der Fassade, denn das Dach und das Sockelgeschoss sind nicht fest miteinander verbunden. Wegen des fehlenden Gewichts der Dämmschüttung aus losen Steinen und der Folgen von Temperaturschwankungen auf die Ausdehnung des Materials könnte sich das Dach heben und die Fassade der oberen Halle wie ein Kartenhaus auseinander fallen. Was sonst über eine Art Gelenk zwischen Dach und Säule der Fassadenkonstruktion genügend Bewegungsspielraum lässt, muss nun vorübergehend mit Stahlspanngen zusammengehalten werden.

Arne Maibohm vom BBR erläutert, wie das Dach mit einer integrierten Schale beweglich auf dem Kopf einer Säule aufliegt. Foto: schmedding.vonmarlin.
Arne Maibohm vom BBR erläutert, wie das Dach mit einer integrierten Schale beweglich auf dem
Kopf einer Säule aufliegt. Foto: schmedding.vonmarlin.
Eine der acht, sich nach oben verjüngenden Säulen, die das gesamte Dach des Museums tragen. Foto: schmedding.vonmarlin.
Eine der acht, sich nach oben verjüngenden Säulen, die das gesamte Dach des Museums tragen. Foto: schmedding.vonmarlin.
Blick über das Dach der Neuen Nationalgalerie zur St. Matthäus-Kirche. Foto: schmedding.vonmarlin.
Blick über das Dach der Neuen Nationalgalerie zur St. Matthäus-Kirche. Foto: schmedding.vonmarlin.
So weit das Auge reicht: Der Blick vom Dach der Neuen Nationalgalerie zur Staatsbibliothek. Foto: schmedding.vonmarlin.
So weit das Auge reicht: Der Blick vom Dach der Neuen Nationalgalerie zur Staatsbibliothek. Foto: schmedding.vonmarlin.
Aus Augenhöhe lässt sich die enorme Höhe des Daches gut erkennen. Foto: schmedding.vonmarlin.
Aus Augenhöhe lässt sich die enorme Höhe des Daches gut erkennen. Foto: schmedding.vonmarlin.
Dach und Fassade sind beweglich über eine Art Gelenk miteinander verbunden. Foto: schmedding.vonmarlin.
Dach und Fassade sind beweglich über eine Art Gelenk miteinander verbunden. Foto: schmedding.vonmarlin.
Die grüne Stahlspange hält während der Sanierung das Dach und die Fassade zusammen. Foto: schmedding.vonmarlin
Die grüne Stahlspange hält während der Sanierung das Dach und die Fassade zusammen. Foto: schmedding.vonmarlin

Kommentare

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  • Ein Wahnsinnsprojekt, diese Dachkonstruktion zu erneuern! Eine befreundete Architektin hat eigentlich wegen der Nationalgalerie überhaupt ihren Beruf ergriffen. Freue mich auf die Wiedereröffnung.

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