Tonnenschwere Kunst und Besucherströme. Der Deckenbelastungstest für die Neue Nationalgalerie

Decken sind der Schlüssel für die gesamte Struktur eines Gebäudes. Von entscheidender Bedeutung ist deshalb auch die Art der Deckenkonstruktion in Stahlbeton. Warum für die Neue Nationalgalerie ein Deckenbelastungstest notwendig war, erklärt unsere Redakteurin Constanze von Marlin.

Die Decke eines Gebäudes dient nicht nur der horizontalen Trennung der Geschosse. Sie bildet den optischen Raumabschluss, übernimmt die Abtragung vertikaler und horizontaler Lasten, den Schall- und Wärmeschutz zwischen den Geschossen sowie die Aufnahme und Führung von Installationen. Stahldecken haben den entscheidenden Vorteil, dass sie bei relativ geringer Deckenstärke und Eigengewicht große Spannweiten erreichen können. So können im Geschossbau unter dem Einsatz von Stahl große, stützenfreie Deckenflächen erzielt werden. Um das Konzept des fließenden Raums in der Neuen Nationalgalerie umsetzen zu können, benötigte Ludwig Mies van der Rohe ein Stahldeckensystem, das ein Maximum an räumlicher Flexibilität und architektonischer Qualität ermöglicht. Das Berliner Museum wurde deshalb mit einer Stahl-Kassettendecke, kurz: StaKa-Decke, errichtet.

Belastungsrahmen für den Deckenbelastungstest. Foto: BBR/Thomas Bruns
Belastungsrahmen für den Deckenbelastungstest. Foto: BBR/Thomas Bruns

Im Rahmen der Grundinstandsetzung wurde festgestellt, dass die Bügelbewehrung der Stahlbetondecken zu tief eingebaut worden ist, so dass die Betondeckung teilweise nicht vorhanden ist und die oberen aufgebogenen Bügelenden aus dem Plattenspiegel unten herausschauen. Bei intaktem Tragwerk erschien dies vertretbar, doch der Nachweis der Querkraft kann mit den zu tief eingebauten Bügeln nicht geführt werden, da der Lastabtrag rechnerisch nicht nachvollzogen werden kann. Es wurde daher als alternatives Nachweisverfahren ein experimenteller Tragsicherheitsnachweis durchgeführt.

Aufbau der experimentellen Versuchsreihe. Foto: BBR/Thomas Bruns
Aufbau der experimentellen Versuchsreihe. Foto: BBR/Thomas Bruns

Terasse bleibt als Präsentationsfläche erhalten
Im Herbst 2015 fanden deshalb erste experimentelle Belastungsversuche an den StaKa‐Decken in zwei ausgesuchten Feldern des Außenbereichs auf der Terrasse statt. Dazu wurden hydraulische Pressen in mobilen Belastungsrahmen vor Ort über ein Deckenfeld von 7,20 auf 7,20 Meter errichtet. Zur Verankerung der Pressen mussten im massiven Randstreifen der Deckenplatten Bohrungen vorgenommen werden, um die Stahlkonstruktion entsprechend zu verankern. Die Pressen erzeugten dann in regelbaren Stufen Versuchslasten auf die bestehende Stahlbetondecke. Alle notwendigen Informationen zur Zustandsbewertung der Deckenkonstruktion (z.B. Dehnungen, Durchbiegung und Rissweitenveränderung) konnten durch die messtechnische Ausstattung zeitgleich und fortlaufend beobachtet werden, auch um bei einem Überschreiten der Lasten ein Versagen der Deckenkonstruktion zu vermeiden.

Messtechnik an der Deckenunterseite. Foto: BBR/Thomas Bruns
Messtechnik an der Deckenunterseite. Foto: BBR/Thomas Bruns

Die Tragsicherheit für die erforderliche Verkehrslast von 5,00 kN/m² konnte erfolgreich nachgewiesen werden. Um die Ergebnisse auf nicht untersuchte Bereiche der Stahlbetondecke übertragen zu können, wurden 2016 noch einmal zwei weitere Felder in typischen Bereichen in der oberen Ausstellungshalle getestet. Auch hierfür konnte ein Nachweis der Tragsicherheit für die StaKa-Decken erfolgreich erbracht werden. Auf eine aufwendige Ertüchtigung der Decken über dem Untergeschoss kann somit verzichtet werden. Die Terrasse der Neuen Nationalgalerie kann also auch nach der Sanierung wieder als Präsentationsfläche für großformatige und tonnenschwere Skulpturen beispielsweise von Henry Moore oder Richard Serra genutzt werden.

Durchbiegungsmessung mittels
Durchbiegungsmessung mittels „Abhänger“. Foto: BBR / Thomas Bruns
Messstand. Foto: BBR / Thomas Bruns
Messstand. Foto: BBR / Thomas Bruns

Text: schmedding.vonmarlin.

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