Zehnerpack: 10 Plakate ohne große Worte
Die Ausstellungsreihe „100 beste Plakate“ in der Kunstbibliothek präsentiert einmal jährlich eine Auswahl an Grafikdesign und Plakatkunst aus dem deutschsprachigen Raum. Wir präsentieren euch 10 Plakate, die ohne große Worte auskommen. Nummer 4 enthält einen Kanister.
1. Bunte Streifenlandschaft
Hierbei handelt es sich nicht um eine Imagekampagne für psychedelische Landschaftsgärtnerei oder den Brandenburgischen Hügelwanderverein.
Timo Lenzen (Frankfurt am Main) gestaltete das abstrakte Werbeplakat „Striped Hills“ für den Auftraggeber Durex China, Shanghai. Beworben wird das Produkt »Pleasure Gel« der Marke Durex für den chinesischen Markt – wer genau hinsieht, erkennt auch die wahre Natur der Hügellandschaft …
2. Frau in Rot
Was auf den ersten Blick wie ein avantgardistisches Theaterplakat wirkt, hat in Wirklichkeit einen historischen Hintergrund. Geschichtsfreaks können mit dem Datum 2. Juni 1967 vielleicht etwas anfangen, allen anderen helfen wir auf die Sprünge:
Der Beitrag von Fons Hickmann (Berlin) wurde für die Londoner Ausstellung »Bring the War Home« konzipiert. Designer und Künstler wurden eingeladen, ein Plakat zu einer Terror-Organisation aus ihrem Land zu gestalten. Das Plakat »2. Juni 67« zeigt die trauernde Witwe Christa Ohnesorg, deren Mann Benno Ohnesorg an besagtem Tag am Rande einer Demonstration von einem Polizisten erschossen wurde. In der Folge radikalisierten sich viele Studenten und gründeten die linksextremistische Terrorgruppe „Bewegung 2. Juni“, deren Mitglieder später wiederum in die Gründung der Roten Armee Fraktion involviert waren.
3. Linien am Horizont
Das Plakat „Lampedusa“ von Mario Moths (mm design, Marl) sieht schöner aus, als sein Anlass ist:
Zehntausende von Flüchtlingen machen sich auf den gefährlichen Weg über das Mittelmeer nach Europa. In den letzten Jahren ist die Zahl der Boat-People stark angestiegen und mit ihr auch die Zahl der ertrunkenen Flüchtlinge. Das »SOS«-Zeichen am Horizont des Mittelmeers ist Hilferuf und Hoffnungsträger gleichermaßen und fordert zur Unterstützung auf.
4. Kommunikation mit Kanister
Ob subtile Kritik an der Agrarökonomie oder ein Seitenhieb auf‘s Industriedesign bei diesem Plakatmotiv mit hineinspielen, wissen wir nicht – nur so viel: Der Entwurf von Benjamin Wurster (Gärtringen) mit dem Titel „Dünger für Gestalter“ war ein Projektauftrag an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und kündigt mehrere Designvorträge ebendort an.
5. Klare Besitzverhältnisse
Wenig subtil, dafür umso wirkungsvoller äußert Steffen Knöll (Stuttgart) seine Kritik an der Europäischen Finanzkrise und der Situation Griechenlands. Das Plakat „Griechenlands neuer Eigentümer“ entstand aus Eigeninitiative in den Druckwerkstätten der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und wurde als politisches Statement „wild“ plakatiert.
6. Auf dem Schlauch
Bei diesem Motiv steht man nicht lange auf dem Schlauch: Ben El Halawany (Stuttgart) setzt sich mit seiner Arbeit „I’ve Got Hose“, einem Projektauftrag an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, mit dem Thema Wasser auseinander:
„Was passiert wenn wir den Hahn aufdrehen? Anlässlich der Einführung des wasserbasierten Siebdrucks an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart wurden Plakate zum Thema »Wasser« gestaltet und anschließend in der Ausstellung »DETOX« gezeigt.“
7. Spiel mit dem Feuer
Noch ein politisches Statement, das ohne viele Worte auskommt: Lex Drewinski (Falkensee bei Berlin) bezieht mit seinem Plakat „Spiel mit dem Feuer“ zu den Ereignissen an der türkisch-syrischen Grenze Stellung, welche zu einem immer noch aktuellen Konflikt zwischen Russland und der Türkei führten.
8. Stein des Anstoßes
Das Gesetz von Ursache und Wirkung in Aktion: Ursache war in diesem Fall eine sechsmonatige Praktikumsphase der Kommunikationsdesign-Studierenden der Hochschule RheinMain, Wirkung die „Nachhall“-Ausstellung, in der die daraus entstandenen Plakate gezeigt wurden. Mit dabei war unter anderem diese Arbeit mit dem Titel „Small Cause“ von Malwin Béla Hürkey (Wiesbaden).
9. Red Skies over Paradise
Karibik? Südsee? Weit gefehlt! Dieser romantische rote Himmel gehört tatsächlich zur Schweiz. Martin Geel und Klaus Fromherz (Peng Peng, Luzern) verewigen in ihrem Plakat das Kulturzentrum KKL Luzern. Der Entwurf wurde als Beitrag zur Initiative des Vereins Weltformat für neue Plakate zu touristischen Zielen in der Zentralschweiz eingereicht. Das Plakat wurde gemeinsam mit allen im Rahmen der Initiative entstandenen Plakaten im Verkehrshaus Luzern gezeigt.
10. schwarz-weiße Kontraste
Ivan Weiss und Michael Kryenbühl (Johnson / Kingston, Luzern) setzen sich in ihrem eindrücklichen Plakat mit dem Thema Migration und Flucht auseinander: „Es ist höchste Zeit, dass Plakatkünstlerinnen und Plakatkünstler ein starkes Zeichen für eine offene und solidarische Gesellschaft setzen. Aus aktuellem Anlass haben Yannick Gauch und Andrin Stocker im Rahmen des Plakatfestivals Weltformat eine Sonderausstellung zum Thema »Migration und Flucht« auf die Beine gestellt, für welche Grafikerinnen und Grafiker ein Plakat zur Thematik gestalteten. Unser Plakat thematisiert das zunehmend groteske Nebeneinander von Freud und Leid, Arm und Reich, Flucht und Alltagsflucht.“
Die Reihe „100 Beste Plakate“ wird vom 100 Beste Plakate e.V. ausgerichtet. Die 15. Ausgabe findet vom 17. bis 26. Juni 2016 im Kulturforum statt, ab der Eröffnung werden alle 100 Plakate online vorgestellt. Nach der Auftaktausstellung in Berlin wird die Ausstellung in Wien, Nürnberg, La Chaux de Fonds, Luzern, Dornbirn, Essen und Seoul gezeigt.
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