Was macht eigentlich ... :

Nina Schallenberg und Eugen Blume, Kuratoren bei „Hello World“

Nina Schallenberg und Eugen Blume haben den Ausstellungsteil „Menschenrechte des Auges“ in der Ausstellung „Hello World. Revision einer Sammlung“ im Hamburger Bahnhof entwickelt. Im Interview erzählen die beiden, was dahinter steckt und wie die Arbeit in dem internationalen, 13-köpfigen Team war.

Welche Schwerpunkte oder Leerstellen haben sich in der Sammlung der Nationalgalerie für Sie gezeigt?
Das Ausstellungskapitel „Menschenrechte des Auges. Ein Bilderatlas zur Sammlung“ ist der im Hamburger Bahnhof als Dauerleihgabe präsentierten Sammlung von Erich Marx gewidmet. Entgegen der Sammlungstätigkeit staatlicher Museen unterliegt eine Privatsammlung persönlichen Kriterien und Akzentsetzungen. Im Zuge einer Sammlungsrevision unter globalen Gesichtspunkten ist sie daher nur bedingt nach kunsthistorischen blinden Flecken zu befragen. Deshalb stehen hier die kulturellen und gesellschaftspolitischen Verflechtungen der gezeigten Kunstwerke selbst im Vordergrund. Aufgrund des Schwerpunkts, den die Sammlung Marx auf Werken aus der Zeit des Kalten Krieges setzt, ist bei zahlreichen der präsentierten Arbeiten die Teilung in Ost und West das Thema.

Mit welchen Objekten knüpft Ihr Ausstellungsteil an diese Bestände an?
Zum Beispiel mit Gemälden von Andy Warhol, die seine Auseinandersetzung mit Zeichen, Ikonen und historischen Ereignissen zeigen, die mit dem Kommunismus in Zusammenhang stehen. Mit den Werken von Keith Haring werden dagegen die weltumspannenden gesellschaftspolitischen Fragen angesprochen, die sich seit den 1980er-Jahren durch die Ausbreitung von AIDS stellen.

Welche Perspektive trägt Ihr Kapitel zur Ausstellung als Ganzes bei?
Ausgehend von malerischen Entwicklungen in Europa und den USA in den 1960er- bis 1980er-Jahren fragt das Ausstellungskapitel nach den interkulturellen Entstehungshintergründen der einzelnen Werke. Durch den künstlerischen Beitrag von cyan wird die Perspektive auf die Genese der Bildmotive über einen engeren kunsthistorischen Rahmen hinaus erweitert. Sie stellen den Kunstwerken Tableaus zur Seite, die sich aus einer Vielzahl von Bildern und Objekten zusammensetzen und dabei die thematischen Stränge der Motive aufgreifen und weiterentwickeln.

Welche Verbindungen gibt es zu Ihrer bisherigen kuratorischen Arbeit?
Eugen Blume: In der Ausstellung „Kapital -Schuld-Territorium-Utopie“ wurde das Prinzip der assoziativen Umkreisung von Bildinhalten durch dialogische Beziehungen von Kunstwerken und Artefakte unterschiedlicher Zeiten und Herkunft erprobt. Dieses Verfahren findet nun in den Bildtableaus in einer anderen Form erneut Anwendung. Die Inhalte der Kunstwerke werden durch mediale Bildassoziationen gespiegelt, die durch ihre künstlerische Gestaltung über konkrete formale und historische Bezüge hinausgehen.

Nina Schallenberg: Die gesellschaftliche Relevanz von Kunstwerken und Museumsausstellungen gehört zu den zentralen Fragen, die ich mir in meiner Arbeit stelle. Zudem habe ich bei vergangenen Ausstellungen in ähnlicher Weise Werke unterschiedlicher Epochen und Kulturkreise kombiniert, so dass sie zwar als zusammengehörig erkennbar waren, die Bedeutung ihrer Kombination jedoch von Offenheit geprägt war.

Warum ist es heute dringend notwendig, die Kunstgeschichtsschreibung und die Idee des Kanons zu hinterfragen?
Dies ist nicht erst heute notwendig geworden, sondern war schon immer notwendig. Ein Kanon entsteht einerseits aus dem Bestreben nach der Bestimmung von Qualität. Andererseits führen die Ein- und Ausschlusskriterien zu Schwerpunkten und Hierarchien, die sich allzu schnell verfestigen. Diese Prozesse wurden bereits in der Geschichte immer wieder hinterfragt – ebenso wie heute.

Was kann ein Museum und eine Sammlung im Besonderen dabei leisten?
Jede Sammlung ist ein Kind der Zeiten, in denen sie entsteht, gleiches gilt für ihre Präsentation. Wenn es in den Museen gelingt, dass jedes Werk und damit jede Künstlerin und jeder Künstler in ihren kulturellen Beiträgen gleichermaßen ernst genommen werden, relativiert sich jegliche Form von Hierarchisierung und der Blick wird offen für die Form und die Inhalte der Kunst.

Die Ausstellung „Hello World. Revision einer Sammlung“ findet noch bis 26.8.2018 im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin statt.

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