„Jazz in the Garden“: Musik in der Neuen Nationalgalerie
Lesezeit 3 Minuten
Die Neue Nationalgalerie war lange ein Ort legendärer
Konzerte. Weltstars wie Keith Jarrett, Brian Eno und Tangerine Dream
traten dort auf. In den Archiven fand unsere Redakteurin Constanze von
Marlin die Programme von damals. Wir laden Sie herzlich ein, einige der
aufgeführten Stücke auf Spotify nachzuhören.
Text: schmedding.vonmarlin.
Zu
Jazzmusik feierten und tanzten die geladenen Gäste bei der Eröffnung
der Neuen Nationalgalerie am 15. September 1968 ausgelassen im
Skulpturengarten. Auch im Foyer spielte eine Band, deren Klänge sich bis
in die Ausstellungsräume ausbreiteten. Musik im Museum stellte zu
dieser Zeit eine ganz und gar ungewöhnliche Verbindung dar, bald
entstand daraus aber die Idee, solche musikalischen Ereignisse zu
wiederholen. Es entstand ein Format, das später legendär geworden ist:
„Jazz in the Garden“ und die „Metamusik-Festivals“.
Jahrzehntelang
begeisterte die Konzertreihe „Jazz in the Garden“ in der Neuen
Nationalgalerie Intellektuelle, Künstler und Jazz-Fans aller Art,
Menschen jeden Alters. Die Konzerte fanden Open Air im Garten des
Museums zwischen den Skulpturen von Bernhard Heiliger, Henri Laurens,
Gerhard Marcks und Auguste Renoir statt. Wenn die Stuhlreihen
vollbesetzt waren standen die Zuhörer um die provisorische Bühne,
machten es sich auf den kleinen Rasenflächen bequem oder schauten von
der Terrassenbrüstung in den Hof. Einen Hauch von Happening durchzog das
Museum während dieser stimmungsvollen Abende in den späten 1960er und
den 1970er Jahren. Initiiert durch und bis 1977 unter der künstlerischen
Leitung von „Jazzpapst“ Joachim-Ernst Berendt traten einige der
wichtigsten zeitgenössischen Jazzstars auf – vom Art Ensemble of Chicago
über Art Blakey‘s Jazz Messengers und Alexander von Schlippenbach bis
Keith Jarrett.
Ein
weiterer Kristallisationspunkt des kulturellen Lebens im damaligen
Westberlin waren die von dem RIAS-Redakteur Walter Bachauer im Auftrag
der Berliner Festspiele kuratierten Metamusik-Festivals 1974, 1976 und
1978. Sein Anliegen beschrieb Bachauer im Rückblick: „Nein, der Begriff
ist keine Etikette für eine neue Schublade im musikalischen Sortiment
der Zeit. Metamusik ist das genaue Gegenteil von Genre-Begrenzung, das
„Meta-“ steht für „Über-“griff, für ein kasten- und kästchenloses
Musikbewusstsein, dem die „Querlinien über der Weltmusik“ wichtig
geworden sind. Als Titel über eine Serie von Konzerten bedeutet
Metamusik nicht weniger als ein Programmkonzept, das thematischen
Variationen unterliegt. 1974 war es der Einfluss Asiens auf Euroamerika,
manifestiert in Meditationsklängen und mantrischen Melodieformeln, 1976
ist es die musikalische Kraft, die auf der Kehrseite des Meditativen
wirkt, der geschlagene Rhythmus, die Percussion“. Die Weltmusik zog ein
junges Publikum in Scharen an, das mal zu Sitar-Klängen auf dem
Steinboden der Ausstellungshalle saß oder auch den Skulpturengarten
bevölkerte.
Für
die Auswahl der Musiker bereiste Bachauer die ganze Welt und brachte
neben Komponisten wie Karlheinz Stockhausen, Steve Reich oder Terry
Riley auch so berühmte Musiker wie Nico, John Cale und Brian Eno oder in
Deutschland unbekannte Trommlergruppen aus dem Senegal bis hin zu
tibetischen Mönchen mit Gebetstrommeln und -glocken in die Neue
Nationalgalerie. DER SPIEGEL resümierte über die Erstaufführung von
„Music for 18 Musicians“ von Steve Reich in Europa 1976 in der Neuen
Nationalgalerie: „Mittels Schlagzeug, vier Klavieren, drei Marimbas,
zwei Xylophonen, dazu Klarinetten, Bassklarinetten, Violine, Cello und
Metallophon baut Reich einen ungeheuer farbenreichen Klangkosmos auf.
Unverändert jedoch werden die rhythmischen Figuren, mitunter leicht
abgewandelt, nicht nur ein paarmal, sondern ein paar hundertmal
wiederholt. Und das, meint Bachauer, mache „nicht dumm, sondern
glücklich“. Die meisten Besucher in der Berliner Nationalgalerie wurden
des Glücks durchaus teilhaftig. Denn das Ekstase-Opus vermittelt durch
die Gesangseinwürfe von vier Go-Go-Girls streckenweise ein
ausgesprochenes Disco-Gefühl. Es klingt wie eine modische Mischung aus
Strawinskis „Ebony Concerto“ und afrikanischer Dorfmusik, bei der
bereits die Musizierpräzision berauscht“.
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