Mammutaufgaben und Kleinigkeiten: Umzugsplanung für das Humboldt Forum
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Katharina Wischer vereint zwei Herzen in ihrer Brust: Sie ist Ethnologin und Betriebswirtin. Management-Fähigkeiten und der souveräne Umgang mit Zahlen sind für ihren Job bei der SPK unabdingbar: Sie koordiniert den Umzug der außereuropäischen Sammlungen aus Dahlem ins Humboldt Forum.
Interview: Sven Stienen; Titelbild: Daniel Hofer
Frau Wischer, Sie sind Koordinatorin für den Umzug der außereuropäischen Sammlungen ins Humboldt Forum. Was genau ist Ihr Job in dem Zusammenhang?
Ich betreue als Projektleitung den Umzug der Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst ins Humboldt Forum. Das beinhaltet grob gesprochen, den Weg der Objekte und die Arbeiten drum herum zu organisieren. Es geht nicht nur darum, wie die Objekte von der Kiste in die Vitrine gelangen, sondern um viele detaillierte Organisationsaufgaben wie die Beleuchtung, die Erstellung und Einbringung von Wand- und Objekttexten, Vermittlungsangebote, Medieneinsätze und so weiter – da greifen sehr viele Gewerke ineinander und das muss koordiniert werden.
Womit verbringen Sie an einem normalen Arbeitstag die meiste Zeit?
Ich bin die meiste Zeit am Telefon oder in Terminen und spreche mit Kolleg*innen der Staatlichen Museen zu Berlin und der Stiftung Humboldt Forum, kurz SHF, aber auch mit externen Auftragnehmenden. Dabei ist die Herausforderung, die vielen kleinteiligen Arbeitsschritte miteinander zu verzahnen oder kurzfristig auf Planänderungen zu reagieren. Beispielsweise müssen die Dienstleister Zugang zu den Flächen bekommen und externe Firmen müssen wissen, worauf sie achten müssen, kurz: Ich muss täglich sehr viele kleinere und größere Probleme lösen, damit alles läuft. Neben den vielen Abstimmungen zur Einrichtung bin ich natürlich auch häufig mit organisatorischen Tätigkeiten wie Vergaben oder Finanzplanung beschäftigt.
Sind Sie manchmal auch vor Ort und haben mit den Museumsobjekten zu tun?
Ich arbeite meistens im Humboldt Forum und bin nur noch selten in Dahlem. Gelegentlich bin ich auch dabei, wenn Objekte bewegt werden, aber eigentlich ist das die Aufgabe unserer Restaurator*innen und Art Handler*innen. Gemeinsam mit den Kurator*innen tragen sie Sorge dafür, dass die Layouts, die von den Kurator*innen und Ausstellungsarchitekt*innen geplant wurden, vor Ort umgesetzt werden und alle Objekte entsprechend platziert und montiert werden.
Sie waren ja bereits an den Vorbereitungen zur Eröffnung des Westflügels des Humboldt Forums beteiligt, wie war das für Sie?
Da gab es verschiedene Phasen. Besonders die Anfangsphase war herausfordernd, denn wir mussten mit dem Einzug beginnen, während es noch viele offene Fragen gab. Es hat dann viel Energie und Zeit gekostet, einen Workflow zu finden und richtig in die Arbeit zu kommen. Auch die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen von der Stiftung Humboldt Forum (SHF) mussten wir erst einmal etablieren: Wer ist dort wofür verantwortlich, wie funktionieren die Problemlösungswege? Das war im Kern die große Aufgabe beim Westflügel, neben der Herausforderung, die Deadline bis zur Eröffnung zu schaffen. Die Module rechtzeitig fertig zu bekommen und alles für die Besucher*innen am Eröffnungstag bereit zu haben, war eine Mammutaufgabe. Man darf nicht unterschätzen, wie viele Kleinigkeiten dabei zu beachten sind und was kurz vor Schluss noch alles zu tun ist …
Wie ist das jetzt bei der bevorstehenden Eröffnung des Ostflügels – kann das Team jetzt auf Erfahrungswerte zurückgreifen, läuft es glatter? Oder gibt es auch hier neue Herausforderungen?
Wir greifen auf jeden Fall auf Erfahrungswertezurück, vor allem die Zusammenarbeit mit der SHF ist wirklich gefestigt. Wir sind als Team zusammengewachsen und können auf unseren gemeinsamen Erfahrungsschatz im Westflügel zurückgreifen. Bereits seit Ende letzten Jahres arbeiten wir an der Einbringung der Objekte in den Ostflügel. Dabei gibt es wieder eine neue Herausforderung, denn wir haben diesmal nicht nur Dauerausstellungsflächen der Staatlichen Museen zu Berlin, sondern auch Wechselausstellungsflächen. Das sind Flächen, deren Aufbau durch die SHF koordiniert wird. Aber auch hier sind wir mit der SHF in einem guten Abstimmungsprozess, sodass ich zuversichtlich bin, dass alles gut klappen wird.
Was war bisher das schwierigste Objekt?
Zunächst einmal möchte ich betonen, dass ich bei keinem Objekt Zweifel hatte, ob beim Transport alles klappen würde – wir haben ein sehr gutes Team und die Aktionen werden immer professionell vorbereitet und durchgeführt. Aber es gab natürlich während des gesamten Umzugs, sowohl in der West- als auch in der Ostspange, immer wieder Objekte, bei denen es kompliziert war. Das letzte Objekt, bei dem es aufregend wurde, war der Lienzo Seler II, ein 16 Quadratmeter großes Baumwolltuch aus dem heutigen Mexiko. Er wurde Anfang Februar ins Humboldt Forum eingebracht und wird dort in einer ziemlich imposanten Vitrine gezeigt. Ansonsten haben wir noch weitere Schwerlastobjekte, etwa die Stelen im Schweizer Saal, die gerade aufgestellt werden. Wenn solche Schwergewichte transportiert und bewegt werden, dann ist es natürlich immer etwas Besonderes. Ebenfalls spannend ist für uns, wie sich die Frage der Benin-Bronzen weiterentwickelt, denn die dafür vorgesehenen Ausstellungsflächen gehören auch zu den Flächen in der Ostspange, die wir gerade vorbereiten.
Hat die derzeitige öffentliche Debatte über die Benin-Objekte direkte Auswirkungen auf die Arbeit hinter den Kulissen?
Selbstverständlich, als Projektteam verfolgen wir die Entwicklungen und müssen natürlich darauf reagieren, was die laufenden Gespräche ergeben. Die Ergebnisse beeinflussen ja direkt die Ausstellungsgestaltung und unser Ziel ist es, alles so umzusetzen, dass am Ende ein gutes Ergebnis für alle Beteiligten, insbesondere unsere Partner*innen, entsteht.
Worauf freuen Sie sich am meisten nach der Eröffnung?
Ich sehe der Eröffnung der Benin-Flächen entgegen und hoffe, dass wir die aktuelle, wichtige Debatte dort auch abbilden können. Und in dem Zusammenhang freue ich mich auch auf das Feedback, auch wenn es kritisch sein wird, denn ich finde diesen Schritt nach außen für die Museen sehr wichtig.
Ist es für Sie als Ethnologin schwierig, inhaltliche Konzepte umzusetzen, die Sie gar nicht mit entwickelt haben?
Nein, ehrlich gesagt nicht. Das liegt jedoch vornehmlich an meinem Verständnis von der Rolle, die ich im Prozess zum jetzigen Zeitpunkt habe: Als Projektleiterin versuche ich das, was die Kurator*innen erarbeitet haben, physisch auf der Ausstellungsfläche umzusetzen. Als Ethnologin interessiere ich mich persönlich für Fragen der Digitalisierung, beispielsweise die fortschreitende Finanzdigitalisierung, und den Einfluss auf unsere Wahrnehmung von materiellen aber auch immateriellen Kulturgütern.
Glauben Sie, dass das Humboldt Forum mehr Diskurs braucht?
Unser Fokus liegt darauf, dass die Ausstellung im Humboldt Forum langfristig eine noch stärkere Flexibilität entwickelt, um auf aktuelle Fragen reagieren zu können. Während wir also momentan eine langjährige Ausstellungsplanung umsetzen und damit die Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich machen wollen, arbeiten wir parallel natürlich immer an der Weiterentwicklung der Ausstellung. Langfristig würde ich mich freuen, wenn sich das Humboldt Forum weiter als ein Ort etabliert, wo Diskurse gelebt werden und gesellschaftlich relevante Themen eine Bühne bekommen.
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Kommentare
Toller Beitrag! Es wird deutlich, dass Umzüge wie diese oder ähnliche wie in Luzern definitiv viel Arbeit und Aufwand erfordern.
Insofern war es interessant, etwas genauer hinter die Kulissen blicken zu können.