Nah am Original. Rekonstruktion der Innenausstattung der Neuen Nationalgalerie
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Wegen Abnutzung, Alterung oder Schadstoffen können Teile der bauzeitlichen Innenausstattung der Neuen Nationalgalerie nicht länger verwendet werden. Dazu gehören etwa Bodenbeläge und die Moduldecke im Untergeschoss. Ihr Austausch basiert auf einer sorgfältig recherchierten Rekonstruktion, wie Constanze von Marlin erfahren hat.
Die Sammlungsräume im Untergeschoss der Neuen Nationalgalerie werden von einer Moduldecke bedeckt. Sie ist eine elementare Voraussetzung für die architektonische Idee von Architekt Ludwig Mies van der Rohe, einen flexiblen Grundriss zu ermöglichen: Zwischen den tragenden Stützen des Untergeschosses können Wände frei im Raum positioniert werden. Um die Ausleuchtung der Kunstwerke dem Grundriss flexibel anpassen zu können, integrierte Mies die Wallwasher und Downlights in einzelnen Modulen der Decke, die versetzbar sein sollten. Außerdem versteckt das modulare Deckensystem Zuluft, Abluft, Beleuchtung und Sicherheitstechnik. Über die Abnahme einzelner Deckenmodule sollte diese technische Infrastruktur veränderbar sein.
Allerdings wurde die bauzeitliche Decke diesen Ansprüchen nicht gerecht. Sie bestand aus Holzwerkstoff-Platten im Raster von 60 x 60 Zentimetern, die jeweils in den vier Ecken mit Senkkopfschrauben an einem einfachen Rost aus Holzleisten befestigt wurden. Die Schrauben mussten überspachtelt und die Decke einheitlich weiß beschichtet werden. Ein Umbau der Module bedeutete daher einen hohen Aufwand. Zusätzlich stellte die Holzkonstruktion im Brandfall eine hohe Gefahr dar. „Ziel der Grundinstandsetzung war es, die Konstruktion in Bezug auf Brandschutz und Bedienbarkeit zu verbessern und gleichzeitig das Erscheinungsbild der Decke zu erhalten“, erläutert Michael Freytag von David Chipperfield Architects. An insgesamt 7.000 laufenden Metern eines Sondereinhängeprofils werden über 11.000 Elemente aus einer Metalldeckenplatte und einer mittels Klebe- und Schraubverbindung unterseitig befestigten Vermiculitplatte eingesetzt. Die Metallkassetten können künftig feldweise ausgehängt und ausgetauscht werden. Wie schon in der bauzeitlichen Decke, enthalten die Platten Öffnungen für die technischen Komponenten.
Teppich
Das Raster der kassettierten Moduldecke spiegelte Mies mit einem einheitlichen Bouclé-Teppichboden aus reiner Schurwolle. Das sogenannte Pfeffer-und-Salz-Gewebe war in der Farbe ganz ähnlich dem angrenzenden Granitbelag im Foyer, Kabinett und Skulpturengarten. Um ein einheitliches Bild vom Garten aus zu erhalten, wurde der Teppich auch in den beiden Direktionszimmern verwendet. Der bauzeitliche, vollflächig im Raum verlegte Teppich wurde über die Jahrzehnte der intensiven Beanspruchung im Museumsbetrieb mehrfach ausgetauscht. Die Rekonstruktion des Teppichs musste ohne bauzeitliche Muster nur anhand von Fotos und Zeitzeugenaussagen erfolgen. Mit der Herstellung eines neuen Teppichs aus einem Wolle-Polyester-Gemisch wurde die bereits 1968 beteiligte Firma beauftragt.
Floor-Flex-Platten
In den nichtöffentlichen Räumen der Neuen Nationalgalerie, wie der Pforte, den Fluren, Lagern und Technikräumen, wurden sogenannte Floor-Flex-Platten als Bodenbelag verwendet. Die 25 x 25 Zentimeter großen Platten haben eine schwarz-weiße Marmorierung, deren gestrichenes Muster mit wechselnder Ausrichtung verlegt wurde. Das zeittypische und erschwingliche Material war eine Mischung aus Vinyl und Asbest und musste wegen der Schadstoffbelastung aufwendig entsorgt werden. Selbst der Erhalt einer bauzeitlichen Belegfläche war wegen der Asbestbelastung nicht möglich. Als Ersatz konnte zunächst nur ein Produkt aus den USA recherchiert werden, das weitestgehend optisch dem Original entsprach, doch nach einer Materialprüfung hinsichtlich der Inhaltstoffe und Emissionen gab es keine Freigabe für den deutschen Markt. Die Wahl fiel letztendlich auf Linoleum mit einer leicht gerichteten Struktur, das zu Fliesen im Originalmaß zugeschnitten wurde.
Die drei Materialien sind Beispiele für Teile der Innenausstattung, die vollständig neu hergestellt werden mussten. Eine besondere Herausforderung bestand darin, die Rekonstruktionen dem bauzeitlichen Erscheinungsbild anzunähern, auch wenn im Falle des Teppichs kein Beleg mehr vorhanden war.
Unsere Redakteurin Constanze von Marlin war in der Neuen Nationalgalerie, als die Deckengitter in der Ausstellungshalle abgenommen wurden. Sie sind… weiterlesen
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