Rückkehr der Bäume: Ben Wagin pflanzt an der Neuen Nationalgalerie
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Für die Sanierung der Neuen Nationalgalerie mussten auch einige Bäume gefällt werden. Der Berliner Künstler und Baumpate Ben Wagin setze sich dafür ein, dass die Bäume am vergangenen Montag zurückkehrten.
Der Künstler Ben Wagin ist nicht dafür bekannt, dass er schnell aufgibt. Seit dem Ende der 1950er Jahre lebt Wagin in Berlin und hat seitdem immer wieder mit seinen Aktionen die Stadt geprägt und verändert. Er schuf das „Parlament der Bäume“, ein Zeichen gegen Krieg und Gewalt, das mitten im Berliner Regierungsviertel steht und von Wagin seit den 1990er Jahren stetig gegen stadtplanerische Ambitionen verteidigt wurde. Auch das von ihm initiierte „Mauer-Mahnmal des Bundestags“, das aus Abschnitten der Berliner Mauer besteht, hat inzwischen einen festen Platz in der Bibliothek des Deutschen Bundestages im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus erhalten.
Seit den 1960er Jahren trat Wagin immer dort in Erscheinung, wo es galt, die Stimme gegen Krieg und Gewalt und für den Erhalt der Natur zu erheben. Mit Aktionen und Happenings, vor allem aber mit seiner besonderen Beziehung zu den Bäumen, ebnete der Künstler sich den Weg in die Herzen und die Köpfe der Berliner. An die 50.000 Bäume hat Wagin in ganz Europa gepflanzt, viele davon vor öffentlichen Gebäuden und Kulturhäusern in Berlin – so auch vor der Neuen Nationalgalerie. Dorthin kehrte Wagin nun zurück, um „seine“ Bäume, die im Zuge der Sanierung des Hauses gefällt werden mussten, wieder neu zu Pflanzen.
„Es ist eine spannende Geschichte, auf die wir selbst erst vor kurzem aufmerksam wurden“, erzählt Joachim Jäger, der Leiter der Neuen Nationalgalerie. Ursprünglich hatte Ludwig Mies van der Rohe, der Architekt des Hauses, drei Bäume für die Stelle unterhalb der hinteren Treppe an der Sigismundstraße vorgesehen. Die ursprünglichen Bäume mussten in den 1970er Jahren aufgrund von Arbeiten an einer Wasserleitung gefällt werden – ein Verlust, der auch dem „Baumpaten“-Gründer Ben Wagin nicht verborgen blieb. Wagin setzte sich daraufhin mit Elan dafür ein, dass neue Bäume an diese Stelle gesetzt werden sollten. 1976 schließlich pflanzte Wagin mit dem damaligen Direktor der Neuen Nationalgalerie, Dieter Honisch, zwei Schwarzkiefern an der Stelle.
„Unglücklicherweise sind diese Bäume der umfassenden Sanierung zum Opfer gefallen“, erklärt Joachim Jäger: „Wir mussten rund um das Gebäude alles freilegen und Platz schaffen, um handlungsfähig zu sein.“ Man holte sich eine Genehmigung beim Senat und die Schwarzkiefern wurden entfernt. „In dem Moment tauchte Ben Wagin auf und sagte: ‚Ihr habt meine Bäume gefällt‘“, erinnert sich Jäger. „Seitdem standen wir ein bisschen in seiner Schuld.“
Und so kam es, dass sich am 19. April, einem trüben Montag, um 10.30 Uhr ein kleines Publikum an der Neuen Nationalgalerie zusammenfand, um der Neupflanzung der Bäume durch Ben Wagin beizuwohnen. Die Kulturstaatsministerin Monika Grütters, eine langjährige Freundin Wagins, war anwesend, ebenso Joachim Jäger und einige Pressevertreter – mit Abstand und Masken, versteht sich – und natürlich Ben Wagin, ganz in seinem Element. Minutiös überblickte der inzwischen über 90-Jährige jeden Schritt beim Einsetzen „seiner“ Bäume, unterbrochen wurde seine Konzentration nur von Begrüßungen alter Freund*innen und einer kurzen Ansprache mit Monika Grütters und Joachim Jäger.
Das ganze Drumherum ist für ihn aber nebensächlich, wichtig ist nur, dass die Bäume wieder an die Neue Nationalgalerie zurückgekehrt sind. „Das ist doch selbstverständlich, dass die Bäume hierher zurückkehren müssen“, sagt Wagin. Er habe sich subtil aber hartnäckig dafür eingesetzt und jetzt habe es glücklicherweise geklappt.
Dass die Bäume nach Abschluss der Sanierungsarbeiten wieder erneut gepflanzt werden sollten, stand ohnehin fest, erklärt Joachim Jäger. „Nun ist es umso schöner, dass wir das zusammen mit Ben und auch zu seinen Ehren tun konnten.“ Die Bäume – es sind übrigens drei Silberahorne, so wie ursprünglich von Mies vorgesehen – nehmen nun wieder ihren angestammten Platz ein und werden die Neue Nationalgalerie hoffentlich für die nächsten 50 Jahre und darüber hinaus begleiten.
Trotz aller Bemühungen um den Erhalt jedes einzelnen Baumes mussten sie doch für die umfassende Sanierung der Neuen Nationalgalerie weichen…. weiterlesen
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