Gemäldegalerie:

Baudouin de Lannoy: Restaurierung eines Jan van Eyck

Das Gesicht vor (links) und nach der Restaurierung (rechts) © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt

Für die Ausstellung „Van Eyck. An Optical Revolution“, die vom 1.2. bis 30.4.2020 im Museum voor Schone Kunsten in Gent zu sehen sein wird, wird derzeit mit großzügiger Unterstützung aus dem Ausstellungsetat Jan van Eycks Portrait des „Baudouin de Lannoy“ restauriert.

Jan van Eycks Portrait des „Baudouin de Lannoy“, um 1438/40

Das kleine Tafelbild mit dem Brustbild eines hageren Mannes mittleren Alters mit strengem Gesichtsausdruck und halb geschlossenen Augen gehört zu dem herausragenden Bestand an Gemälden von Jan van Eyck (1390/1440-1441) in der Gemäldegalerie. Baudouin de Lannoy war Ratgeber und Kammerherr Philipp des Guten, des Herzogs von Burgund, und kannte also van Eyck als dessen Hofmaler. Seine Kleidung aus bräunlich-purpurfarbenem Goldsamt, der große Pelzhut und die Collane des Ordens vom Goldenen Vlies zeigen seinen hohen gesellschaftlichen Status, den er am Hofe des Herzogs innehatte.

Objektgeschichte und Erhaltungszustand

Das Gemälde ist seit 1902 im Besitz der Gemäldegalerie. Die Rückseite des auf Eichenholz gemalten Portraits zeigt nur wenige Reste einer steinimitierenden Malerei, wie sie häufig auf Portraits des 15. Jahrhunderts zu finden ist. Der originale, ursprünglich fest mit der Tafel verbundene Rahmen ist heute verloren.

Sein linkes Auge vor und nach der Restaurierung zeigt, wie die Farbigkeit und die Plastizität durch den dicken gealterten Firnis beeinträchtigt waren. © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt
Sein linkes Auge vor und nach der Restaurierung zeigt, wie die Farbigkeit und die Plastizität durch den dicken gealterten Firnis beeinträchtigt waren. © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt

Im relativ kleinen Œuvre des Jan van Eyck existieren mehrere stark individualisierte, kleinformatige Portraits. Seine Malerei zeichnet sich durch eine ausgesprochen feinteilige, differenzierte Malweise und besonders subtile Darstellung von Oberflächen aus. Diese beeindruckenden Details sind im derzeitigen Zustand des Berliner Gemäldes nicht mehr wahrnehmbar, denn ein dicker, trüber Firnis überdeckt die Malerei. Der fast komplett übermalte schwarze Hintergrund weist eine Vielzahl feinteiliger Fehlstellen auf. Erstaunlicherweise zeigt sich die Malerei innerhalb der Figur davon praktisch unberührt.

Konservierungs- und Restaurierungsprojekt

Nachdem das Gemälde bereits in den vergangenen Jahren intensiv kunsttechnologisch erforscht wurde, steht momentan die Erfassung und Dokumentation des Zustands und aller späteren Veränderungen im Vordergrund. Hierbei werden die Bestandteile des Gemäldes, einschließlich Holztafel, Grundierung, Farb- und Zwischenschichten, sowie sämtliche aufliegenden Firnisschichten, Übermalungen und Retuschen untersucht. Querschliffe von Malschichtproben geben Aufschluss über die Anzahl und den Zustand der einzelnen Schichten: Über der Malerei liegen mindestens fünf nicht originale, ursprünglich transparente Firnisschichten, die inzwischen durch Alterung vergilbt und trüb geworden sind. Retuschen und Übermalungen aus mindestens drei verschiedenen Restaurierungsphasen lassen sich differenzieren.

Mikroskopaufnahme während der Firnisabnahme im Pelzhut: rechts ist die Malerei des Felles mit den einzelnen Härchen wieder klar erkennbar. © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Sandra Stelzig
Mikroskopaufnahme während der Firnisabnahme im Pelzhut: rechts ist die Malerei des Felles mit den einzelnen Härchen wieder klar erkennbar. © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Sandra Stelzig

Mit Hilfe von Lösemitteln und Gelen lassen sich die aufliegenden, nicht originalen Schichten schrittweise unter dem Mikroskop abtragen – eine schwierige, zeitintensive Arbeit. Anschließend werden feinteilige Fehlstellen im Bild retuschiert und ein neuer, schützender Firnis dünn aufgetragen.

Ergebnisse der Restaurierung

Durch die Abnahme des dicken gealterten Firnis können originale Farbigkeit und Detailreichtum der Malerei jetzt wieder unmittelbar erlebt werden. Dabei gelang es, einen dünnen älteren Überzug über der Malerei zu erhalten. Nach Abschluss der Maßnahmen sind die bläulich schillernden Nuancen des rot-violetten Goldsamtes klar erkennbar. Auch die Feinheiten der Pelzdarstellung sind bestechend und der rötliche Pelz der Verbrämungen im Gewand ebenso eindrucksvoll wie das langhaarige, fast beweglich wirkende Fell des Hutes.
Besonders interessant ist die Wieder-Entdeckung einer originalen, gemalten Narbe auf der Stirn des Dargestellten, die bisher unter Übermalungen verborgen war.

Das Gemälde wird ab 2020 wieder mit all seinen faszinierenden Details in der Dauerausstellung der Gemäldegalerie gezeigt.

Mikroskopaufnahme während der Firnisabnahme im Gewand: rechts sind die Feinheiten und die Farbigkeit der Malerei wieder sichtbar. © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Sandra Stelzig
Mikroskopaufnahme während der Firnisabnahme im Gewand: rechts sind die Feinheiten und die Farbigkeit der Malerei wieder sichtbar. © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Sandra Stelzig
Makroaufnahme aus dem Gewand während der Firnisabnahme: rechts sind die rot-violette Färbung des Gewandes und die feinen Pinselstriche im Ornament wieder sichtbar. © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Sandra Stelzig
Makroaufnahme aus dem Gewand während der Firnisabnahme: rechts sind die rot-violette Färbung des Gewandes und die feinen Pinselstriche im Ornament wieder sichtbar. © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Sandra Stelzig

Kommentare

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    * Ich bin damit einverstanden, dass meine Daten ausschließlich für die Anfrage genutzt werden. Insbesondere erfolgt keine Weitergabe an unberechtigte Dritte. Mir ist bekannt, dass ich meine Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Dies kann ich über folgende Kanäle tun: per E-Mail an: kommunikation[at]smb.spk-berlin.de oder postalisch an: Staatlichen Museen zu Berlin – Generaldirektion, Stauffenbergstraße 41, 10785 Berlin. Es gilt die Datenschutzerklärung. der Staatlichen Museen zu Berlin, die auch weitere Informationen über Möglichkeiten zur Berichtigung, Löschung und Sperrung meiner Daten beinhaltet.