Gründerjahre:

Carl Richard Lepsius – Begründer der deutschen Ägyptologie

Begründer der deutschen Ägyptologie, Pionier moderner Archäologie, Museumsdirektor, Sprachforscher und Bibliothekar – Carl Richard Lepsius war ein preußisches Multitalent. Heute wäre er 105 Jahre alt geworden. Christina Hanus, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Neuen Museum, über einen verdienstvollen Forscher.

„Es bleibt mir also nur Aegypten, und das hält sich wie ein Leitstern in allen Ueberlegungen, die ich anstelle.“ Mit jenen Worten gab Carl Richard Lepsius seiner lebenslangen Faszination für die Ägyptologie Ausdruck, als deren deutscher Wegbereiter er heute gilt.

Lepsius kam am 23. Dezember 1810 in Naumburg an der Saale als Sohn des Landrats Carl Peter Lepsius und seiner Frau Friederike (geb. Gläser) zur Welt. Zusammen mit acht Geschwistern wuchs er in Naumburg auf und besuchte dort das berühmte Gymnasium Schulpforta. Seine Begeisterung für Sprachen und Geschichte, insbesondere die klassische Antike und Orientalistik, wurden bereits zur Schulzeit geweckt und prägte auch seine Studienjahre an den Universitäten Leipzig, Göttingen und Berlin. Dort widmete er sich unter anderem der Philosophie und Philologie.

Gottlieb Biermann: Bildnis Professor Richard Lepsius. 1892/1893 © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger
Gottlieb Biermann: Bildnis Professor Richard Lepsius. 1892/1893 © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger

Expedition für die Wissenschaft
Erst nach seiner Promotion 1833 in Berlin erwachte sein Interesse an der Archäologie und den ägyptischen Hieroglyphen. Breiten Bekanntheitsgrad hatte die altägyptische Sprache erst nach 1822 durch die Entzifferungsarbeit von Jean-François Champollion erreicht. Lepsius gelang es, diesen Forschungsweg fortzusetzen und er förderte damit die weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der altägyptischen Hochkultur. Mehr noch: Lepsius sollte als bedeutender Ägyptologe und Sprachwissenschaftler nachhaltig sämtliche Gebiete seines Faches sowie Nachbardisziplinen beeinflussen.

Vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. erhielt Carl Richard Lepsius im Jahr 1842 den Auftrag, eine wissenschaftliche Expedition nach Ägypten und in den Sudan durchzuführen. Die dreijährige Reise erwies sich als wissenschaftlich überaus erfolgreich: 1500 altägyptische Originale wurden nach Berlin gebracht, mehr als 2000 Zeichnungen und Papierabdrücke von Denkmälern angefertigt und rund 15.000 Gipsabformungen von Architekturteilen und Skulpturen erstellt. Die Ergebnisse der Expedition verewigte Lepsius in seinem zwölfbändigen Tafelwerk „Denkmaeler aus Aegypten und Aethiopien“ (1849–1859) und setzte generell mit der Professionalität und Akkuratesse seiner wissenschaftlichen Dokumentationsarbeit in Ägypten neue Maßstäbe für die moderne Ausgrabungspraxis.

„Längenmaße der Alten“
Nach seiner Rückkehr aus Ägypten wurde Lepsius das Privileg zuteil, einen Entwurf für die Inszenierung der aus Ägypten mitgebrachten 1500 Objekte im Neuen Museum anzufertigen, das sich damals noch im Bau befand. Sein detailliertes, an originalen Vorlagen in Ägypten orientiertes Dekorationsprogramm für Wände und Decken ist teilweise noch heute im Gebäude erhalten, wie beispielsweise in den Wandbildern des Ägyptischen Hofes und des Mythologischen Saals. In den Jahren 1846–55 war Lepsius noch Vizedirektor des Ägyptischen Museums und seit 1846 Professor für Ägyptologie an der Universität Berlin. Ab 1855 übernahm er schließlich die Leitung des Ägyptischen Museums als Direktor und vermochte so Forschung und Lehre mit dem Bewahren und Präsentieren von Kunstobjekten zu vereinen.

Die Teilnehmer der Preußischen Expedition auf der Spitze der Cheopspyramide. Kolorierter Stich nach einer Zeichnung von E. Weidenbach. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / Sandra Steiß
Die Teilnehmer der Preußischen Expedition auf der Spitze der Cheopspyramide. Kolorierter Stich nach einer Zeichnung von E. Weidenbach. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / Sandra Steiß

Zu seinen zusätzlichen Auszeichnungen und Ehren folgte 1867 die Berufung als zweiter Präsident des Archäologischen Instituts in Berlin und die Leitung der Preußischen Staatsbibliothek im Jahr 1873. Seinen eigenen Forschungen blieb Lepsius trotz all seiner Aufgaben stets treu. So publizierte er 1880 seine „Nubische Grammatik“ und 1884 die „Längenmaße der Alten“. Am 10. Juli desselben Jahres verstarb Carl Richard Lepsius 74-jährig. Er wurde in einem Ehrengrab auf dem Dom-Friedhof II in Berlin-Reinickendorf beigesetzt. Sein Lebenswerk und die Erinnerung an diesen herausragenden Universalgelehrten werden im Neuen Museum für immer erhalten bleiben.

Lepsius (im Vordergrund mit Tarbusch) auf einem Esel reitend bei Assuan am 29. September 1844, Originalzeichnung von F. O. Georgi. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / Margarete Büsing
Lepsius (im Vordergrund mit Tarbusch) auf einem Esel reitend bei Assuan am 29. September 1844, Originalzeichnung von F. O. Georgi. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / Margarete Büsing
Die Pyramiden von Meroë, aus: Lepsius, Denkmaeler aus Aegypten und Aethiopien, Abtheilung I, Blatt 138. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Die Pyramiden von Meroë, aus: Lepsius, Denkmaeler aus Aegypten und Aethiopien, Abtheilung I, Blatt 138. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Säulenkapitelle von Philae, aus: Lepsius, Denkmaeler aus Aegypten und Aethiopien, Abteilung1 Band 2 Blatt 108. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Säulenkapitelle von Philae, aus: Lepsius, Denkmaeler aus Aegypten und Aethiopien, Abteilung1 Band 2 Blatt 108. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Mythologischer Saal, Nordwestliche Ecke mit Szenenfolge nach Entwürfen von Lepsius Aus: Lepsius, C. R., Koenigliche Museen, Abtheilung der aegyptischen Alterthümer. Die Wandgemaelde der verschiedenen Raeume, Berlin 1870.
Mythologischer Saal, Nordwestliche Ecke mit Szenenfolge nach Entwürfen von Lepsius
Aus: Lepsius, C. R., Koenigliche Museen, Abtheilung der aegyptischen Alterthümer. Die Wandgemaelde der verschiedenen Raeume, Berlin 1870.
Mythologischer Saal: Tierkreis, dem Dekorationsprogramm des Tempels von Dendera in Ägypten nachempfunden. © Staatliche Museen zu Berlin. Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / R. Kriesten
Mythologischer Saal: Tierkreis, dem Dekorationsprogramm des Tempels von Dendera in Ägypten nachempfunden. © Staatliche Museen zu Berlin. Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / R. Kriesten
Im Saal „Ewiges Diesseits“ stehen drei Grabkammern der Pyramidenzeit (2600–2400 v. Chr.), die Lepsius mit Genehmigung des Vizekönigs in Gisa und Sakkâra abbauen und nach Berlin transportieren ließ. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / Sandra Steiß
Im Saal „Ewiges Diesseits“ stehen drei Grabkammern der Pyramidenzeit (2600–2400 v. Chr.), die Lepsius mit Genehmigung des Vizekönigs in Gisa und Sakkâra abbauen und nach Berlin transportieren ließ. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / Sandra Steiß

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  • Lepsius gilt fur den deutschsprachigen Raum als Begrunder der wissenschaftlichen Beschaftigung mit den agyptischen Altertumern und damit des Faches Agyptologie.

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