Während der Kolonialherrschaft der Deutschen über das Kameruner Grasland kam ein prachtvoller Thron nach Berlin. Er zeugt von großer Kunstfertigkeit und wirft bis heute wichtige Fragen auf.
Text: Maria Ellendorff
„Mandu Yenu“, was so viel bedeutet wie „reich an Perlen“– so wird ein prachtvoller Thron aus dem vorkolonialen Bamum im Grasland des heutigen Kamerun genannt. Die Region ist besonders bekannt für ihre opulente höfische Kunst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eben jener widmet sich eine Präsentation des Ethnologischen Museums im Humboldt Forum, wo auch der Thron zu sehen ist.
Throne dieser Art bestehen in der Regel aus einem einzigen Stück Holz. Die Schnitzereien dauern bis zu einem Jahr. Anschließend wird das Holz bis zu zwei Jahre getrocknet, ehe es mit Leinen und schließlich mit Glasperlen und Kaurischneckenhäusern überzogen wird. Glasperlen wurden bereits in vorkolonialer Zeit aus Europa importiert. Lange waren sie einzig dem Herrscher, der in Bamum Fon genannt wird, vorbehalten. Die Kauris wiederum stammen aus dem Indischen Ozean und wurden in weiten Teilen der Welt als Währung genutzt. Es waren also sehr wertvolle und kostspielige Materialien, die beim Bau des Throns verwendet wurden und die der Demonstration von Macht und Reichtum dienten. Gleichzeitig sind diese besonderen Materialien ein Beispiel für interkontinentalen vorkolonialen Handel.
Neben der Materialität ist besonders die Ikonografie des Throns bedeutungsvoll. Die doppelköpfige Schlange beispielsweise, die die zylindrische Basis des Throns schmückt, ist eine Reminiszenz an Fon Mbuombuo, der im frühen 19. Jahrhundert in Bamum regierte und dem so großes militärisches Geschick nachgesagt wurde, dass er fähig gewesen sein soll an zwei Fronten zugleich zu kämpfen. Die Schlange war daher, wie auch die Perlen, ein Symbol der royalen Macht und einzig dem Fon vorbehalten. Mbuombuos erfolgreiche Expansionsbestrebungen und die Inkorporierung neuer Materialien und Techniken führten außerdem zu einer Blüte der künstlerischen Produktion in Bamum.
Mbuombuos Enkel Fon Nsangu, während dessen Regentschaft eine Vielzahl der außergewöhnlichsten Kunstwerke geschaffen wurden, die bis heute erhalten sind, baute das Handelsnetz weiter aus und brachte wertvolle Güter wie Glasperlen und Lederwarennach Bamum. Aus seiner Regentschaft stammt auch der Thron im Humboldt Forum. Für seinen Sohn Fon Njoya, der durch den unerwartet frühen Tod seines Vaters sehr jung an die Macht kam, war der Thron eine wichtige Insignie seines legitimen Herrschaftsanspruchs. Trotz anfänglicher Machtkämpfe wurde Njoya zu einem überaus geachteten und bis heute von vielen verehrten Herrscher.
Anders als andere Herrscher der Region, pflegte Njoya zudem engen Kontakt mit den Deutschen. Seit ihrem ersten Eintreffen in Bamum 1902 weckte der Thron Begehrlichkeiten bei der deutschen Kolonialmacht. So schrieb Felix von Luschan, Leiter der Afrika-Abteilung des Berliner Museums für Völkerkunde, 1905 an den in Kamerun stationierten Hauptmann Hans Glauning: „weil nun von allen Seiten die Jagd auf das Original [des Throns] losgehen wird. […] Wir würden natürlich das Stück auch selbst gerne haben und auch gerne bis zu 1000 Mark dafür aufwenden – wenn es auf friedliche und legale Weise ins Berliner Museum kommen kann.“ Obwohl Njoya den Handel mit der Kolonialmacht aktiv förderte und zum Beispiel Waren speziell dafür anfertigen ließ, konnte und wollte er den Thron lange Zeit nicht abgeben.
1908 schenkte Njoya seinen Thron schließlich doch dem deutschen Kaiser Wilhelm II. Eine Kopie des Throns, die er hatte anfertigen lassen, verblieb in der Hauptstadt Foumban.
Die Biographie des Throns aus Bamum lässt viele Fragen offen. Warum verschenkte Njoya den Thron schließlich? Warum behielt er die Kopie und gab das Original weg? Und ist ein Geschenk unter den ungleichen Machtbedingungen des Kolonialismus überhaupt ein Geschenk?
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