Meister in neuem Gewand: Restaurierung eines Van Eyck
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In der Gemäldegalerie wird derzeit ein Gemälde des flämischen Meisters Jan van Eyck restauriert. Restauratorin Sandra Stelzig erklärt, welche Schritte nötig sind, um das Kunstwerk wieder in seiner ganzen Pracht strahlen zu lassen.
Text: Sandra Stelzig; Titelbild: Jörg P. Anders
Für eine die große Ausstellung „Jan van Eyck – An Optical Revolution“ gab die Gemäldegalerie Anfang 2020 eines ihrer Werke nach Gent. Das „Portrait des Baudouin de Lannoy“ wurde im Zuge der Leihgabe bereits 2019 umfassend restauriert, so dass seine Farbigkeit und malerischen Details nun wieder ganz unmittelbar sichtbar sind. Nun hat das Team beschlossen, weitere Highlights aus seiner Sammlung zu restaurieren – und die Wahl für das nächste Projekt fiel wieder auf einen van Eyck.
Intensive Trübungen, fleckige Retuschen
Das „Bildnis eines Mannes mit rotem Chaperon“ befindet sich in einem vergleichbaren Zustand wie das Lannoy-Porträt, beeinträchtigt durch eine sehr dicke Firnisschicht mit intensiven Trübungen sowie durch fleckige alte Retuschen. Diese späteren Zutaten sollen in der bis September laufenden Restaurierung entfernt und die Lesbarkeit der Malerei dadurch erheblich verbessert werden.
Das Täfelchen zeigt einen vielleicht um die 40 Jahre alten Mann mit grünem Gewand und einer tiefroten, aufwendig geschlungenen Kopfbedeckung, einem sogenannten Chaperon. Ein Papier in seiner Hand ist mit nur angedeuteten Buchstaben versehen und sagt uns nichts über die Identität des Dargestellten. Sein schmales Gesicht mit der markanten großen Nase lässt keinen Zweifel daran, dass es derselbe Mann ist wie auf Jan van Eycks berühmtem, 1434 datiertem Doppelbildnis in London. Dieses gilt allgemein als Darstellung des aus Lucca stammenden Kaufmanns Giovanni Arnolfini und seiner Frau. Letztlich ist diese Identifizierung jedoch nicht gesichert. Sicherlich war der Unbekannte von bürgerlichem Stand, wie seine schlichte Kleidung bezeugt, und er scheint mit Jan van Eyck, der zwei so unterschiedliche Bildnisse von ihm malte, gut bekannt gewesen zu sein.
Objektgeschichte und Erhaltungszustand
Das Gemälde ist seit 1886 im Besitz der Gemäldegalerie. Es ist auf einer kleinen Eichenholztafel gemalt, und besaß ursprünglich einen Rahmen, der teilweise aus der Bildtafel in einem Stück geschnitzt war. Eine dendrochronologische Untersuchung des Holzes ergab, dass sie aus demselben Baumstamm entstammt wie das „Portrait des Baudouin de Lannoy“, ebenfalls im Besitz der Gemäldegalerie. Auf der Tafelrückseite sind wenige Reste einer steinimitierenden Farbfassung erhalten, wie sie bei einer Anzahl von kleinformatigen altniederländischen Gemälden vorkommt.
Das mit nur etwa 20 erhaltenen Werken sehr überschaubare Œuvre des Jan van Eyck umfasst neben seinem Hauptwerk, dem Genter Altar, einige kleinformatige, stark individualisierte Portraits. Seine Malerei besticht durch die differenzierte und feinteilig ausgearbeitete Wiedergabe von genau beobachteten Details, Materialien und Oberflächen. So wurde der Pelzbesatz des Gewandes mit mikroskopisch feinen Pinselstrichen gemalt.
Das Konservierungs- und Restaurierungsprojekt
Nachdem das Gemälde in den vergangenen Jahren intensiv kunsttechnologisch erforscht wurde, liegt nun zur Vorbereitung einer umfassenden Restaurierung der Fokus auf der Erfassung seiner Restaurierungsgeschichte, aller stattgefundenen Veränderungen und des heutigen Zustands. Dies beinhaltet die Untersuchung der Holztafel, der Grundierung, der Zwischenschicht(en) und zahlreicher Farbschichten. In Hinblick auf eine geplante Firnisabnahme werden die aufliegenden Firnisse, Überzüge und Retuschen eingehend begutachtet und auch nach möglichen Resten eines originalen Überzuges geforscht.
Der Zustand des Berliner Gemäldes ist geprägt durch ein besonders dickes Firnispaket, bestehend aus mehreren Schichten mit eingebetteten Retuschen aus vermutlich mehreren Jahrhunderten. Bereits im 19. Jahrhundert schrieb Hugo von Tschudi, dass „häßliche“ Retuschen entfernt worden seien. Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Blasenbildung in der Bildschicht bemerkt, die auch heute noch akut ist. Sie zeigt sich im Abheben dünner Farbschichten von dem darunterliegenden hellen Untergrund. Im grünen Gewand sind dadurch viele kleine Farbausbrüche entstanden, die von alten verfärbten Retuschen bedeckt sind. Dadurch entsteht ein fleckiges Erscheinungsbild. In den 1970er-Jahren bemühte man sich bereits, die Trübungen des Firnis‘ zu reduzieren. Diese werden allerdings größtenteils von einem sehr alten, vergrauten Überzug verursacht, der weit unten im Schichtenpaket liegt und bei der aktuellen Restaurierung ebenfalls entfernt werden soll.
Den Schichten auf der Spur
Die Voruntersuchungen haben zunächst den komplexen Schichtenaufbau, auch anhand von Farbschichtproben und Querschliffen, geklärt. Dabei ließ sich auch der sehr alte Überzug feststellen, der besonders intransparent und grau geworden ist und heute schwer löslich ist. Aktuell werden weitere Untersuchungen und Materialanalysen durchgeführt, um die Methode zur Abnahme dieser Schicht zu optimieren.
Die Durchführung der Firnisabnahme erfolgt dann unter dem Mikroskop in kleinteiliger, zeitaufwendiger Arbeit. Im Anschluss daran werden Lockerungen in der Malschicht und Partien der Blasenbildung gesichert und kleinteilige Fehlstellen retuschiert. Abschließend wird ein dünner neuer Firnis aufgetragen werden. Das Gemälde wird dann voraussichtlich Ende 2022 wieder in der Dauer-Ausstellung der Gemäldegalerie mit seiner faszinierenden Maltechnik und all seinen minuziösen Details wieder eingehend zu bewundern sein.
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Ich habe eine Menge Fragen, die hier, glaube ich, gar nicht beantwortet werden können. Los geht´s mit der Maltechnik: Tempera, Öl, beides? Nassstrich? XRF- Scans erfolgt? Autoradiografien? Was sagt die IR-Aufnahme? Welche Farben sind verwendet worden? Und ich wünsche mir so gerne mehr Fotos, richtig gute! Eher Makro- als Mikroskopaufnahmen. Die sind besser. Und gerne mit zoom- Funktion. Und eine leichte und enthusiastische Beschreibung. Bei solch einem Bild muß man doch vor Freude weinen! Ich kenne die Stücke aus der Praktikumszeit vor 22 Jahren.
Also liebe Babette und alle früheren Kolleginnen und Kollegen: Macht´s möglich! Da geht noch was!
Generell fehlen mir bei den Restaurierungsprojekten Angaben zu den Kosten der Restaurierung! Ich bin selber Restauratorin und finde es wichtig, gerade bei öffentlichen Projekten und auch für die Allgemeinheit, um dem Restaurierungsaufwand auch mal eine Hausnummer zu geben, auch wenn es immer heisst über Geld spricht man nicht.
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Kommentare
Beeindruckend, insb. die Schichtaufnahme. Gutes Gelingen!
Ich habe eine Menge Fragen, die hier, glaube ich, gar nicht beantwortet werden können. Los geht´s mit der Maltechnik: Tempera, Öl, beides? Nassstrich? XRF- Scans erfolgt? Autoradiografien? Was sagt die IR-Aufnahme? Welche Farben sind verwendet worden? Und ich wünsche mir so gerne mehr Fotos, richtig gute! Eher Makro- als Mikroskopaufnahmen. Die sind besser. Und gerne mit zoom- Funktion. Und eine leichte und enthusiastische Beschreibung. Bei solch einem Bild muß man doch vor Freude weinen! Ich kenne die Stücke aus der Praktikumszeit vor 22 Jahren.
Also liebe Babette und alle früheren Kolleginnen und Kollegen: Macht´s möglich! Da geht noch was!
Gruß Jakob
Generell fehlen mir bei den Restaurierungsprojekten Angaben zu den Kosten der Restaurierung!
Ich bin selber Restauratorin und finde es wichtig, gerade bei öffentlichen Projekten und auch für die Allgemeinheit, um dem Restaurierungsaufwand auch mal eine Hausnummer zu geben, auch wenn es immer heisst über Geld spricht man nicht.