Neue Werbekampagne der Museen:

Museum ist ein guter Ort für Diskussionen

Pünktlich zur Wiedereröffnung starten die Staatlichen Museen zu Berlin mit einer neuen Werbekampagne in den Sommer. Im Interview erklären Andreas Miedaner von der Agentur Büro X und Frank Eberle, Marketingchef der SPK, wie die Kampagne entstand und was das Besondere daran ist.

Die Kampagne ist wirklich etwas Besonderes, erzählt doch mal kurz aus eurer Sicht, wie alles begann und wie die Kampagne entstanden ist.

Andreas Miedaner (AM): Unsere Aufgabe war – zusammengefasst –  ein kommunikatives Bindeglied zwischen den vielen Häusern der SPK bzw. Staatlichen Museen zu Berlin zu finden. Und bei der enormen Vielfalt der Häuser der Staatlichen Museen zu Berlin war das auch die größte Herausforderung. Die unterschiedlichen Museen haben alle ihre ganz eigene Identität, aber ein ganz besonderer Mehrwert entsteht vor allem dort, wo sie als Verbund ineinandergreifen und ihre geballte gemeinsame Kraft spürbar wird. Wir mussten es also schaffen, die Museen als Einheit in die Öffentlichkeit zu bringen und den gemeinsamen Nenner zu finden, der alle Häuser und Sammlungen verbindet. Dieses verbindende Element war für uns das „Portal“ zum enormen Wissensspeicher der Häuser. Dieses Portal symbolisiert aber nicht nur die Verbindung zwischen verschiedenen Kulturen und Epochen, sondern auch die Verbindung unserer Vergangenheit zum Heute. Denn Museen sind nicht nur Bewahrer unserer Vergangenheit, sondern stellen auch einen Bezug zu unserer Gegenwart und Zukunft her. Frei nach dem Motto: Nur wer seine Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft …

Kamen euch da sofort viele Ideen oder musstet ihr schon etwas grübeln?

AM: Wir haben natürlich viel darüber nachgedacht wo wir genau ansetzen wollen, und was der gemeinsame Nenner in diesem vielfältigen Verbund ist. Die Museen bieten ja eine geballte Informationsfülle an und das alles unter einen Hut zu bekommen, ist eine Herausforderung – es war auf jeden Fall ein längerer Prozess.

Frank Eberle (FE): Wir haben uns am Anfang auch sehr viel Zeit genommen, um uns dem Thema anzunähern und von der Oberfläche wegzukommen. Normalerweise haben wir wenig Zeit für Werbung und Marketing, unsere Aktionen sind eigentlich immer Anlassbezogen, also auf bestimmte Ausstellungen konzentriert. Aber die Frage, was Museum heute eigentlich bedeutet, ist so groß, dass wir uns damit etwas länger beschäftigt haben.

Die Kampagne lebt vor allem von starken Bildmotiven, wie seid ihr bei der Motivauswahl vorgegangen?

AM: Die Motive haben sich aus den Inhalten der Häuser ergeben. Wir wollten immer den Bezug zu aktuellen Themen herausstellen und Kontraste erzeugen. Es ist letzten Endes eine Mischung aus populären Motiven und weniger bekannten Objekten, die aber auch eine spannende Geschichte erzählen. Außerdem war uns die Wort-Bild-Schere natürlich wichtig, um Irritation und damit mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Wie war das Feedback aus den Einrichtungen, also von Direktor*innen und Fachleuten? Und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit, inspiriert man sich da gegenseitig?

FE: Das war eine Gemeinschaftsarbeit mit den Direktorinnen und Kuratorinnen der Museen, die die Motive gemeinsam mit uns ausgesucht und entwickelt haben. Wir haben meist den ersten Aufschlag gemacht und Ideen präsentiert und die Museumsleute haben dann ihrerseits weitere Vorschläge gemacht. Auch das Zusammenspiel zwischen Text und Bild entstand meist in einem Ping-Pong-Spiel, das sehr gut funktioniert hat. Es kamen dabei auch wichtige Impulse aus den Museen, die die Kampagne vorangebracht haben. Die Idee einer Auflösung der Wort-Bild-Kontraste in einer Subline war zum Beispiel am Anfang gar nicht vorgesehen. Wir wollten viel mehr irritieren und die Leute mit einem Fragezeichen zurücklassen, aber das ging nicht so gut auf. So ist es viel runder.

Als die Kampagne fast fertig war, kam die Corona-Pandemie – wie hat das eure Arbeit an dem Projekt beeinflusst?

FE: Der ganze Prozess wurde für ein Dreivierteljahr gestoppt. Wir waren fast fertig und dann kam die Pandemie – der Launch passte dann natürlich nicht mehr und wir mussten erstmal verschieben. Dann kam die Wiedereröffnung, gefolgt von einem weiteren Lockdown, und wir haben die ganze Zeit auf die Zahlen geschielt und uns gefragt: Wann geht es wieder weiter und wann ist der richtige Zeitpunkt? Nun sind wir endlich soweit, wir haben unseren ursprünglichen Slogan „Offen für …“ nun um zwei Wörtchen ergänzt und mit „Endlich wieder offen für…“ geht es nun los und es passt, wie wir finden, perfekt in den Moment. 

AM: Ein wichtiges Symbol der Kampagne war direkt zu Beginn das Thema Portal bzw. Tür: Türen sind ein verbindendes Element zwischen Welten. Dieses Motiv aus der Anfangsphase hat sich durchgesetzt und wir haben es mit dem „Offen für …“-Slogan aufgegriffen. Natürlich kam dann noch ein Augenzwinkern, ein wenig Humor dazu – aber wir wollen sagen: Wir sind offen für Austausch in alle Richtungen. Und mit der Ergänzung „Endlich offen für“ passt diese Kampagne nun wunderbar zur Wiedereröffnung nach dem Lockdown und spiegelt auch die Sehnsucht der Menschen wider, endlich wieder rauszugehen und Kultur zu genießen. Aber es ist mehr als eine reine Wiederöffnungskampagne, es geht immer noch darum, Verbindungen zwischen Zeiten, Räumen und Kulturen aufzuzeigen.

FE: Ja, es geht um Diskussion, das ist uns ganz wichtig! Die Kampagne sagt also nicht nur „Wir machen wieder die Türen auf“, sondern wir laden auf jeden Fall zur Diskussion ein. Es gibt zum Beispiel das Motiv „Offen für Aluhüte“, damit wollen wir sagen: Wir sind offen für die Auseinandersetzung und den Diskurs, sogar mit den „Aluhüten“.

AM: Die Einladung ist: Kommt und schaut, was es damit auf sich hat! Welche Bedeutung haben zum Beispiel Kopfbedeckungen in verschiedenen Kulturen? Es werden heute in unserer Gesellschaft so viele Gräben gezogen, ich glaube es ist wichtig, auch wieder aufeinander zuzugehen. Das Museum ist ein guter Ort dafür. Natürlich haben wir auch bewusst provokante und zweideutige Motive gewählt, um die Menschen herauszufordern und sich damit auseinander zu setzen. Wenn man Aufmerksamkeit für eine Botschaft erzeugen will, muss man auch mal irritieren.

Was erhofft ihr euch von der Kampagne, was wäre aus eurer Sicht der größte Erfolg?

FE: Ich erhoffe mir, dass es zu wirklichen Diskussionen kommt. Dass die Staatlichen Museen zu Berlin und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nicht nur als ein Verband schöner alter Gebäude voller schöner Dinge wahrgenommen wird, sondern als Institution, die wichtige Impulse für den gesellschaftlichen Diskurs liefern kann.

AM: Ich fände es auch schade, wenn diese Diskussion ausbleibt und die Kampagne nur als Werbung zur Wiederöffnung wahrgenommen wird. Wir hatten ursprünglich noch viel mehr geplant, Pop-up-Ausstellungen, Infostände in den Museen, Aktionen und Veranstaltungen in der realen Welt. Das hat am Ende nicht mehr ins Budget gepasst, und so ist es in erster Linie eine Aktivierungskampagne geworden. Wir sind nun gespannt was passiert, aber auf jeden Fall ist für uns jede Reaktion, positiv wie negativ, besser als keine Reaktion.

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