Von der Idee zur Ausstellung: „Claudia Skoda. Dressed to Thrill“
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Claudia Skoda (*1943 in Berlin) avancierte mit ihren außergewöhnlichen Strickdesigns in den 1970/80er Jahren zu einer Schlüsselfigur der internationalen Modewelt. Die Kuratorinnen Britta Bommert und Marie Arleth Skov (Kunstbibliothek) widmen sich dem Werk der bis heute tätigen Designerin mit einer Ausstellung. Volontärin Maria Schaller entlockte den beiden Einblicke in die Vorbereitung der Ausstellung.
Interview: Maria Schaller
Liebe
Britta, liebe Marie, ihr kuratiert die Ausstellung „Claudia Skoda.
Dressed to Thrill“, die vom 18. Dezember bis 11. April in der
Sonderausstellungshalle des Kulturforums in Berlin zu sehen sein wird.
Wie seid ihr darauf gekommen, eine Einzelschau über die Berliner
Strickdesignerin Claudia Skoda zu machen? Marie Arleth Skov (MAS): Britta verfolgt schon seit drei Jahren diese Idee. Als sie sich mit den
1970er und 1980er Jahren in Berlin beschäftigt hat, ist ihr ziemlich
schnell aufgefallen, was für eine herausragende Rolle Claudia Skoda zu
dieser Zeit spielte, wie einflussreich ihre extravaganten Modenschauen
waren und wie viele spannende Künstler*innen sie um sich versammelte.
Trotzdem hat es noch nie eine umfassende Dokumentation ihres Schaffens
gegeben! Daraufhin hat Britta Kontakt zu Claudia Skoda aufgenommen, die
sofort dabei war.
Britta Bommert (BB): Und ich
habe Marie mit ins Boot geholt, da sie auf die Subkultur um 1980
spezialisiert ist. Im letzten Jahr sind wir dann gemeinsam durch Claudia
Skodas Privatarchiv gegangen und haben uns mit ihr und vielen anderen
Zeitzeug*innen und Wegbegleiter*innen unterhalten.
Was erwartet die Besucher*innen in der Ausstellung? BB: Die Besucher*innen können auf eine multimediale Schau gespannt sein:
Wir zeigen natürlich Skodas Strickdesigns, aber auch Super-8 Filme,
Polaroids, ein Musikvideo, schwarz-weiß Vintage-Fotografien, farbige
C-Prints, Plattencover und Plakate. Die Filme von den frühen
Modenschauen in Skodas Wohn- und Arbeitsgemeinschaft „fabrikneu“ in
Kreuzberg und die Aufnahmen der spektakulären Gesamtkunstwerk-Shows, vor
allem „Big Birds“ von 1979, gehören für uns zu den absoluten
Highlights. Das war ein surreales Setting, sehr stimmungsvoll,
Elektromusik-Pionier Manuel Göttsching hat die Musik gemacht und Salomé
und Luciano Castelli haben sich fast nackt und am ganzen Körper
geschminkt auf einem Hochtrapez über die Köpfe der Zuschauer*innen
hinweg geschwungen. Skoda hatte zuvor die Models in den Zoologischen
Garten geschickt, damit sie sich anschauen, wie sich Vögel bewegen, um
dies nachzuahmen.
Es wird also nicht „nur“ Mode
gezeigt, sondern vielmehr ein Einblick in die West-Berliner
Undergroundszene der 1970er und 1980er Jahre gegeben? MAS: Absolut! Wir zeigen natürlich die Mode von Claudia Skoda – übrigens auf
dem Fußboden, den Martin Kippenberger für sie in der fabrikneu
gestaltet hat! Kippenberger war damals noch komplett unbekannt. Er hat
rund 1300 Fotografien von der Filmemacherin Ulrike Ottinger, der
Fotografin Esther Friedman und von sich selbst zum Catwalk verarbeitet.
Vor einigen Jahren wurde der Boden aus der ehemaligen Fabriketage in
Kreuzberg geborgen, wo sich die Räume der „fabrikneu“ befanden. Solche
Crossover-Kollaborationen sind typisch für die Zeit. „Wir haben gegeben
und wir haben genommen“, sagte uns Ulrike Ottinger dazu. Und Claudia
Skoda arbeitete eben auch immer wieder mit Künstler*innen und
Musiker*innen zusammen. Sie war eine wichtige Figur im Underground in
West-Berlin dieser Jahre: Deswegen tauchen eben auch Iggy Pop, David
Bowie oder auch Malaria! immer wieder auf.
An
welcher Stelle in der Konzeption seid ihr gerade? Plaudert doch einmal
aus dem Nähkästchen, gerne auch über Fragen, die momentan noch offen
sind! MAS: Gerade arbeiten wir zusammen
mit Marion Stenzel an der Ausstellungsarchitektur. Claudia Skoda steht
für uns für Glamour und Rauheit, Disco und Punk, Glitzer und Beton.
Dieses Spannungsverhältnis – oder: diese Vielseitigkeit – wollen wir
gerne mit der Ästhetik der Ausstellung einfangen. So experimentieren wir
beispielsweise damit, die Wände in Dunkelgrau mit einem Schimmer in
Regenbogenfarben anzumalen, wie nasser Asphalt. Das ist nur eine von
vielen Entscheidungen, die anstehen. Aber das Rantasten und Ausprobieren
macht uns gerade großen Spaß!
Thematisiert euer Display
auch eine Auseinandersetzung mit Genderfragen in den Entwürfen Claudia
Skodas – Stricken wird ja klischeehaft doch eher als etwas Weibliches
angesehen? BB: Claudia Skoda spielt immer
wieder mit Geschlechterrollen, mal affirmiert, mal untergräbt sie diese.
Sie spielte ja 1977 in Ulrike Ottingers Film „Madame X – Eine absolute
Herrscherin“ mit und auch in den Fotosessions von Ottinger, zusammen mit
Tabea Blumenschein und Jenny Capitain, wurden verschiedenste
Frauenrollen durchdekliniert: Vamp, Femme fatale, Bubikopf. Gleichzeitig
interessiert sie sich auch für das Androgyne. So hat sie zum Beispiel
ein Monokel für den „weiblichen Dandy“ designt. Was das Stricken angeht,
da bricht Claudia Skoda komplett mit dem Stereotyp des Strickens als
irgendeiner feminin-ruhigen oder häuslichen Tätigkeit: Sie strickt auf
der Maschine, das ist laut und technisch! Claudia Skoda und ihre
Strickmaschine, das ist schon eine besondere Liebesgeschichte – und die
werden wir auch in der Ausstellung erzählen.
Die
Ausstellung wird ja von der Kunstbibliothek in Kooperation mit dem
Kunstgewerbemuseum ausgerichtet. Inwiefern sind denn Mode und Kunst im
Schaffen Claudia Skodas ganz eng und wortwörtlich miteinander
„verstrickt“? BB: Mode und Kunst sind
tatsächlich ganz eng beieinander bei Claudia Skoda, auch wenn sie selbst
betont, sich nicht als Künstlerin, sondern eben als Strickdesignerin zu
sehen. Aber in ihrem Werk fließen Kunst und Mode immer wieder zusammen:
1986 setzte sie beispielsweise in der Kollektion „Masterpieces“
Entwürfe der Jungen Wilden in Strick um und 1997 kuratierte sie die
Performance „Deep Diving for Whales“ im Deutschen Guggenheim, in der
sich die Models amphibienhaft in diesen fantastischen, gestrickten
Ganzkörperanzügen durch den Raum bewegten.
MAS: Genau,
und mit diesen Verknüpfungen zwischen Kunst und Mode war Claudia Skoda
eben auch eine wahre Vorreiterin: Heute ist die Affinität zur Kunst in
der Haute Couture ja gang und gäbe.
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