Von der Keramikwerkstatt auf den roten Teppich: Dreharbeiten im Pergamonmuseum
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Altorientalistin Juliane Eule und Archäologe Christopher Hölzel vom Vorderasiatischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin unterstützten den Dreh des Berlinale-Filmes „Ich bin dein Mensch“ von Regisseurin Maria Schrader mit fachlicher Expertise und schauspielerischer Leistung.
Text: Elena Then
Anfragen für eine Fachberatung sind im Vorderasiatischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin eigentlich nichts Besonderes. Produzentin und Regisseurin eines Fernsehfilmes wollten sich im Januar 2020 einmal in das Thema der Keilschrift einführen lassen, da die Hauptrolle in ihrem künftigen Film eine Keilschriftforscherin verkörpern sollte. Also wurden die beiden Filmemacherinnen durch Depots, Pergamonmuseum und die Büros geführt, einen Monat später folgte die konkrete Einführung in die Keilschrift durch Altorientalistin Juliane Eule. Dass die Produktion am Ende auf der großen Leinwand laufen würde, ahnte damals noch niemand: Es handelt sich um die Komödie „Ich bin dein Mensch“ der „Unorthodox“-Regisseurin Maria Schrader, die 2021 auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären für die Hauptdarstellerin Maren Eggert ausgezeichnet wurde.
„Die Einführung Anfang 2020 mündete in eine enge Zusammenarbeit. Mein Kollege Christopher Hölzel und ich wurden von Beginn an eng in die Dreharbeiten angebunden, da es den Filmemacherinnen sehr wichtig war, die wissenschaftliche Arbeit ihrer Hauptfigur authentisch darzustellen. Damals hat noch niemand geahnt, welche Wellen der Film schlagen würde. Dass wir ein Jahr später auf der Premiere bei der Berlinale zu Gast sein würden, hätten wir nie gedacht!“, erzählt Juliane Eule.
Obwohl sich der Film primär um die Liebesgeschichte zwischen Keilschriftforscherin Alma und Roboter Tom dreht, spielt doch auch die Arbeit Almas eine tragende Rolle. „Man hat gemerkt, wie wichtig es Regisseurin Maria Schrader und Produzentin Lisa Blumenberg war, unsere Tätigkeit realistisch wiederzugeben. Das Museum wird häufig nur als Kulisse genutzt, weshalb wir anfangs durchaus skeptisch waren“, erzählt Christopher Hölzel. Diese Zweifel lösten sich schnell in Luft auf, schon beim Drehbuch konnten Juliane Eule und Christopher Hölzel ihre Expertise einbringen. „Von den Textpassagen, die die Hauptfigur Alma auf ihrem Laptop tippt bis zu den Objektfotos stimmt jedes Detail“, sagt Juliane Eule, „wenn sich Altorientalist*innen diesen Film anschauen, werden sie nicht die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, sondern sich freuen, ihre Arbeit so authentisch repräsentiert zu sehen.“
Kolleg*innen nahmen es mit Humor
Die Dreharbeiten im Pergamonmuseum starteten im August 2020. Zwei vollgepackte Tage in der Keramikwerkstatt und den Depots des Vorderasiatischen Museums, mit originalen Tontafeln, den ältesten, die das Museum zu bieten hat. „Es geht im Film um die früheste Schriftstufe, dafür haben wir Tontafeln aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. ausgesucht, die gefilmt wurden – natürlich alles unter strengen konservatorischen Auflagen“, berichtet Juliane Eule. „Es war toll zu sehen, wie viel Respekt das ganze Filmteam den wertvollen Objekten entgegengebracht hat“, sagt Christopher Hölzel, „auch unsere Vorschläge wurden immer direkt umgesetzt, wenn wir eine Szene als nicht für unsere Arbeit repräsentativ empfunden haben.“ So kamen auch Szenen dazu, die gar nicht im ursprünglichen Drehbuch vorkamen. „An einer Stelle betrachtete die Hauptfigur Tom beispielsweise akkadische Tafeln, sprach aber von der sumerischen Keilschrift“, beschreibt Juliane Eule. Maria Schrader nahm sogleich den Hinweis der Altorientalistin auf, sodass im Film nun zu sehen ist, wie der humanoide Roboter auf diesen Umstand hinweist.
Wichtig war Juliane Eule und Christopher Hölzel auch, dass die Dreharbeiten nicht den Betriebsablauf und ihre Kolleg*innen im Museum störten. „Wir haben uns schon ein wenig Sorgen gemacht, wie unsere Kolleg*innen auf die Dreharbeiten im Foyer reagieren würden“, sagt Juliane Eule. Unbegründet, wie sich dann erwies: „Alle Kolleg*innen haben die Sache mit Humor genommen, selbst jene, die bei Dienstschluss eine*r Kompars*in in Wachuniform ihre Schlüssel übergeben wollten. Die wenigen Minuten Wartezeit während der Szenen haben alle gerne in Kauf genommen, so einen Filmdreh sieht man ja nicht alle Tage“, lacht Juliane Eule.
Stolz auf den ersten Keilschrift-Film
Im September 2020 stand dann die Emmy-Verleihung an, wo Maria Schrader für ihre Miniserie „Unorthodox“ geehrt wurde, im Februar 2021 fand man „Ich bin dein Mensch“ auf der Wettbewerbsliste der Berlinale und im März 2021 wurde verkündet, dass Hauptdarstellerin Maren Eggert einen Silbernen Bären für ihre Rolle der Alma erhalten würde, der im Juni beim Summer Special der Berlinale auf der Museumsinsel verliehen wurde. Auf der Premierenveranstaltung haben die Wissenschaftler*innen Juliane Eule und Christopher Hölzel dann auch erfahren, dass „Ich bin dein Mensch“ mittlerweile in mehr als 80 Länder verkauft wurde. Dass der Erfolg des Filmes auch auf die Staatlichen Museen zu Berlin einzahlt, da ist sich Christopher Hölzel sicher: „Endlich gibt es einen Film, der die Arbeit einer Wissenschaftler*in realistisch zeigt, entzerrt und weg vom verklärten Bild der Lara Croft und des Indiana Jones, und bei dem die Zuschauer*innen etwas lernen können.“
Zeitintensiv war diese Arbeit natürlich, aber Spaß gemacht hat es den beiden auch. „Wir würden sofort wieder mit Maria Schrader und Lisa Blumenberg zusammenarbeiten. Wir sind stolz darauf, am ersten Film beteiligt gewesen zu sein, wo Assyriologie und Keilschriftforschung so eine große Rolle spielen und unsere Arbeit authentisch abgebildet wird.“ So authentisch, dass man sogar die echte Keilschriftforscherin Juliane Eule darin sieht. Regisseurin Maria Schrader bestand auf einer Szene, in der Hauptfigur Alma auf die Wissenschaftlerin trifft. „Hallo Juliane“, hört man sie sagen. Auch Maria Schrader und Lisa Blumenberg sind stolz darauf, den ersten Spielfilm im Pergamonmuseum gedreht zu haben, erzählt Christopher Hölzel, der sich beeindruckt zeigt von der Professionalität des Filmteams: „Es war beeindruckend zu beobachten, wie reibungslos die Abläufe bei der Filmproduktion funktioniert haben, obwohl so viele Leute unter einem straffen Zeitplan arbeiten mussten.“
Ab dem 1. Juli 2021 wird der Film dann in die Kinos kommen – für Keilschriftfans und alle, die es werden wollen.
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