Weg vom Menschenzentrismus – Designer Jakob Kukula im Interview
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Der Designer Jakob Kukula hat dieses Jahr den Preis der German Design Graduates gewonnen. Seine Ideen konzentrieren sich auf städtische Ökosysteme und die Natur in der Stadt. Teil des Wettbewerbs war eine Ausstellung im Kunstgewerbemuseum.
Du bist der diesjährige Gewinner der German Design Graduates, die auch mit einer Ausstellung im Kunstgewerbemuseum vertreten waren. Mit welchem Projekt konntest du dich in dem Wettbewerb durchsetzen?
Jakob Kukula: Ich habe mit dem „Spree.Berlin“-Projekt gewonnen, das gleichzeitig meine Master Thesis im Bereich Produktdesign an der Kunsthochschule Weißensee ist. Es geht dabei um Berlin, die Spree und die Beziehung von uns Menschen zum Ökosystem der Spree und zur Stadtnatur. Ich habe mir die Frage gestellt, wie ein Designprozess und ein konkretes Produkt für die Spree aussehen könnten. Dabei ist eine Boje entstanden, die die Wasserqualität misst, in heißen Sommermonaten Sauerstoff in die Spree abgibt und über eine Webseite die aktuellen Messdaten kommuniziert. Auf der Webseite findet man außerdem historische und ökologische Fakten zum Fluss sowie Informationen zu zukünftigen Projekten. Das Projekt hat darüber hinaus auch eine Utopie-Ebene, die danach fragt, wie wir die Spree anders nutzen könnten. Derzeit wird viel Potenzial verschenkt, denn es wäre ein Gewinn, die Natur wieder stärker in die Stadt zu holen – das ist wichtig für die Lebensqualität, aber auch, um die Stadt klimagerechter zu gestalten. In Berlin werden immer mehr Flächen bebaut, umso wichtiger ist die Frage, wie wir unsere Stadt lebenswert halten und welche Flächen eigentlich uns gehören und welche den anderen Stadtbewohnern wie Pflanzen und Tieren – oder dem Fluss.
Ursprünglich gehörte zu dem Projekt auch eine App …
Aus der App ist inzwischen eine Webseite geworden, weil das einfacher in der Handhabung ist. Diese Webseite wird gerade umgesetzt und wird eine interaktive Karte von Berlin und der Spree enthalten, auf der man verschiedene Punkte anklicken kann und Informationen erhält. Es ist quasi eine eigene Stimme für die Spree und ihr Ökosystem, für Tourist:innen und Berliner:innen.
Das Projekt befindet sich also schon in der konkreten Realisierungsphase?
Ja, ich habe im November 2020 den Abschluss gemacht und habe eine Förderung des Hochschulwettbewerbs „Wissenschaft im Dialog“ erhalten. Ich konnte mich dann noch einmal als Meisterschüler an der Uni einschreiben, bin aber von Kursen befreit, um mich seither ganz dem Projekt widmen zu können. Das war sehr gut, ich bin dadurch in verschiedene Formate der Stadt Berlin hineingekommen, zum Beispiel CityLAB oder an der Technischen Universität Berlin und der Berliner Hochschule für Technik. Im Zuge dessen haben wir viel Presse bekommen und eine Ausstellung gemacht. Derzeit bin ich in Hamburg und treffe zwei Designerinnen von “morgen.jetzt”, die ein ähnliches Projekt zur Alsterbegrünung planen.
Wie ist es dazu gekommen, dass du bei German Design Graduates im Kunstgewerbemuseum dabei warst?
Ich bin zu den German Design Graduates gekommen, weil es einen Aufruf bei uns an der Uni gab und eine Freundin sich auch dort angemeldet hatte. Da ich das Konzept mag und es spannend finde, dass dort Designer:innen aus ganz Deutschland zusammenkommen, habe ich mich dann ebenfalls angemeldet. German Design Graduates ist eine tolle Möglichkeit, seine Ideen einem größeren Publikum vorzustellen. Ich möchte neue Ansätze anstoßen, weg von einer mensch-zentrierten, hin zu einer lebens- oder planetenzentrierten Gestaltung. Dass ich dann dort den Preis gewonnen habe, ist natürlich toll und hat mich in meinem Vorhaben weiter bestärkt.
Welche Erfahrungen nimmst du neben dem Preis von der Veranstaltung mit?
Ich fand es schön, dass es dort eine Schnittstelle zwischen der älteren und der jüngeren Gestalter:innenszene gab. Bei der Kürung der Gewinnerprojekte gab es einen spannenden Austausch. Ich habe auch an einem Talk unter dem Titel „Wieviel Realität verträgt eine Utopie?“ teilgenommen und es war sehr anregend, sich mit verschiedenen Leuten aus der Szene darüber auszutauschen, welche Entwicklungen es gerade gibt und wohin die Reise gehen könnte.
Das Kunstgewerbemuseum hat in der Vergangenheit immer wieder junge Designer:innen zu Projekten eingeladen – welches Potenzial haben Museen im Kontext der Gestalter:innenszene ?
Ich finde es wichtig, dass solche Räume geöffnet werden und dass dort frischer Wind reinkommt. Dass da momentan Leute von außen eingeladen werden und Talks und Austausch stattfinden, ist eine gute Entwicklung. Man sollte meines Erachtens die Räume noch viel weiter öffnen und ganz neue Formate zulassen und ausprobieren. Ich habe bei Museen oft das Gefühl, dass es viel Potenzial gibt, das aber oft nicht genutzt wird. Und diese Forderung der Öffnung bezieht sich übrigens auch auf den Raum rund ums Museum, die Vorplätze und Fassaden, die man zum Beispiel begrünen könnte. Für mich ist immer die Frage wichtig: Wie kann man den Betrieb eines solchen Gebäudes kompensieren und nachhaltig gestalten? Was kommt von dort wieder zurück in den urbanen Raum? Ich glaube, Museen können in diesem Kontext sehr viel leisten und bin gespannt, was da in Zukunft noch passieren wird.
Letzte Frage: Welches Objekt hat dir im Kunstgewerbemuseum am besten gefallen?
Ich bin bei der Vorbereitung der Ausstellung oft an der Stuhlsammlung vorbeigelaufen und fand das irgendwie einprägend. In dem Raum war auch immer Sicherheitspersonal anwesend und ich habe die Leute dann gefragt, was deren Lieblingsstühle sind. Die schauen sich die Sammlung ja den ganzen Tag an, da fand ich das interessant. Aber ich war in dieser Zeit sehr mit der Vorbereitung unserer Ausstellung beschäftigt und habe mich kaum ernsthaft mit anderen Dingen auseinandergesetzt. Was ich am Kunstgewerbemuseum auf jeden Fall auch sehr interessant finde, ist das Gebäude an sich – dieser brutalistische Bau und die offene Piazzetta sind ein spannungsvolles Ensemble, mit diesem Raum kann man viel machen …
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