Freiherr von Minutoli – Ägtyptenforscher der ersten Stunde

Einer der „Gründerväter“ des Ägyptischen Museums in Berlin wurde heute vor 244 Jahren, am 12. Mai 1772, in Genf geboren. Christina Hanus, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Ägyptischen Museum und Papyrussammlung, über Nicolas Jean Henri Benjamin Menu alias Freiherr von Minutoli.

Nicolas Jean Henri Benjamin Menu trat nach privatem Unterricht und dem Besuch des Gymnasiums in Karlsruhe im Jahr 1786 dem preußischen Heer bei. Nach einer Verwundung sieben Jahre später übernahm er die Ausbildung adliger Kadetten, bis er schließlich 1810 mit der ehrenvollen Aufgabe betraut wurde, Prinz Carl von Preußen zu erziehen. Es folgte die Erhebung in den Adelsstand, nach der sich der Prinzenerzieher den klangvollen Namen Johann Heinrich Carl Freiherr Menu von Minutoli gab.

Expedition auf allerhöchsten Regierungswunsch
Zeit seines Lebens zeigte sich Minutoli stark an der Altertumskunde und Archäologie interessiert und lernte bereits während seiner Kadettenausbildung zusätzlich Griechisch und Latein. Nachdem er die Erziehung des jungen Prinzen abgeschlossen hatte, legte er dem Königlichen Ministerium 1820 einen Plan für eine ausgedehnte Forschungsreise in den Orient vor und beschäftigte sich intensiv mit den antiken Autoren wie Herodot und Strabo sowie mit zeitgenössischen Reiseschriftstellern. Bereits in diesem Jahr würdigte die Akademie der Wissenschaften Minutoli für sein großes Interesse an Archäologie und seine Sammlung antiker Artefakte mit einer Ernennung zum Ehrenmitglied.

“Generalleutnant Minutoli in der Oase Siwah” (Minutoli, in dunkelrotem Gewand, sitzt rechts im Zelt). Öl auf Leinwand, 100 x 128 cm, um 1823. Das Gemälde basiert auf einer Zeichnung von Minutoli und gehörte durch die Heirat von Minutolis Enkelin mit einem der Grafen von Pfeil und Klein-Ellguth bis 1945 zur Kunstsammlung von Schloss Friedersdorf/Queis. Es tauchte 1987 auf dem Münchner Kunstmarkt auf und wurde vom Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums Berlin e.V. erworben. Der letzte Eigentümer verzichtete zu Gunsten des Vereins auf seine Rechte. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
“Generalleutnant Minutoli in der Oase Siwah” (Minutoli, in dunkelrotem Gewand, sitzt rechts im Zelt). Öl auf Leinwand, 100 x 128 cm, um 1823. Das Gemälde basiert auf einer Zeichnung von Minutoli und gehörte durch die Heirat von Minutolis Enkelin mit einem der Grafen von Pfeil und Klein-Ellguth bis 1945 zur Kunstsammlung von Schloss Friedersdorf/Queis. Es tauchte 1987 auf dem Münchner Kunstmarkt auf und wurde vom Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums Berlin e.V. erworben. Der letzte Eigentümer verzichtete zu Gunsten des Vereins auf seine Rechte. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung

Die Expedition Minutolis wurde auf allerhöchsten Regierungswunsch gestattet und finanziert. Gemäß dem wissenschaftlichen Anspruch der Reise umfasste die Reisegesellschaft auch einen Architekten, zwei Naturwissenschaftler und einen Orientalisten und Theologen. Auch Minutolis zweite Ehefrau, die Gräfin Wolfardine von der Schulenburg, die er 1820 in Triest geheiratet hatte, begleitete ihn auf seine Expedition und fertigte detaillierte Reiseberichte an.

97 Kisten versanken in den Fluten
Obgleich die umfangreich geplante Expedition nach Aufenthalten im Niltal, im Gebiet des Ersten Katarakts und in der Oase Siwa schon im August 1821 aufgrund einer instabilen politischen Lage abgebrochen werden musste, erwarb Menutoli eine außerordentliche Sammlung von Altertümern. Auf der Rückreise lief Minutolis Schiff, die „Cleopatra“, den Hafen von Triest an. Von dort aus sollten 120 Kisten mit Artefakten teils über Land nach Berlin und teils mit dem Schiff nach Hamburg weitertransportiert werden.

Uschebtikasten mit Deckel in Form eines Pfostensarges (ÄM 4360, Spätzeit, 664–332 v. Chr., grundiertes, bemaltes Holz, 21 x 27 x 15 cm) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Uschebtikasten mit Deckel in Form eines Pfostensarges (ÄM 4360, Spätzeit, 664–332 v. Chr., grundiertes, bemaltes Holz, 21 x 27 x 15 cm)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß

Der Wasserweg erwies sich jedoch als unglückliche Wahl: In der Nacht auf den 12. März 1822 versanken 97 Kisten in den Fluten, als das Segelschiff „Gottfried“ durch einen Sturm in der Mündung der Elbe zerstört wurde. Dagegen gelangten die Artefakte in den übrigen 23 Kisten unversehrt auf dem Landweg nach Berlin und wurden im Mai 1823 durch den preußischen König Friedrich Wilhelm III. angekauft, um sie der kunstinteressierten Öffentlichkeit in einem noch fertigzustellenden Museumsgebäude zugänglich zu machen. Die Berliner ägyptische Sammlung residierte zu der Zeit noch in den Räumlichkeiten des Schlosses Monbijou und nahm mit dem Ankauf dieser großen Kollektion allmählich Gestalt an.

Liebe zum Altertum
Ergänzend zu den Objekten seiner Ägypten-Expedition, haben sich die detaillierten Berichte von Minutoli erhalten, in denen er unter anderem die Reise zum Tempel des Jupiter Ammon in der libyschen Wüste oder das erstmalige Öffnung der Djoser-Pyramide in Sakkara anschaulich beschreibt. Der um ernsthafte und wissenschaftliche Erforschung der Altertümer bemühte Minutoli verurteilte aufs Schärfste die bereits zu seiner Zeit verbreitete, rücksichtslose Zerstörung in Tempeln und Gräbern durch Einheimische oder Europäer, die sich mit den Beutestücken auf dem Kunstmarkt bereichern wollten. Hürde und Herausforderung für Minutolis wissenschaftliche Neugierde stellten die altägyptischen Hieroglyphen dar. Erst der Franzose Jean Franҫois Champollion legte 1822 mit seinem „Lettre à Monsieur Dacier“ den Grundstein ihrer Entschlüsselung. Trotzdem leistete Minutoli durch die auf seiner Expedition gesammelten Altertümer und ihre vorbildliche Dokumentation einen entscheidenden Beitrag zur deutschen Ägypten-Forschung.

Uschebti der Iset-Nofret, Gemahlin Ramses' II. (ÄM 333, Neues Reich, 19. Dynastie, 1279–1213 v. Chr., Fayence, 10,1 x 3,5 x 2,4 cm) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Uschebti der Iset-Nofret, Gemahlin Ramses‘ II. (ÄM 333, Neues Reich, 19. Dynastie, 1279–1213 v. Chr., Fayence, 10,1 x 3,5 x 2,4 cm)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung

Minutoli, ausgezeichnet mit dem Königlich Preußischen St. Johanniterorden (1820) wie auch dem Roten Adlerorden I. Klasse (1845), verstarb am 16. September 1846 und wurde auf dem Alten Garnisonfriedhof in Berlin bestattet.
Die Berliner Museen verdanken Minutolis Sammelleidenschaft nicht nur den Grundstein der Ägyptischen Sammlung, sondern ebenso eine große Kollektion Prähistorischer und Provinzialrömischer Altertümer sowie eine Zusammenstellung mexikanischer bzw. altamerikanischer Artefakte. Seine Liebe zum Altertum und die qualitätsvollen Stücke von seiner Ägypten- Expedition machten Heinrich Menu von Minutoli zu einem wahren „Gründervater“ des Neuen Museums.

Bildausschnitt aus dem Gemälde “Generalleutnant Minutoli in der Oase Siwah” (Minutoli, in dunkelrotem Gewand, sitzt rechts im Zelt). Öl auf Leinwand, 100 x 128 cm, um 1823. Das Gemälde basiert auf einer Zeichnung von Minutoli und gehörte durch die Heirat von Minutolis Enkelin mit einem der Grafen von Pfeil und Klein-Ellguth bis 1945 zur Kunstsammlung von Schloss Friedersdorf/Queis. Es tauchte 1987 auf dem Münchner Kunstmarkt auf und wurde vom Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums Berlin e.V. erworben. Der letzte Eigentümer verzichtete zu Gunsten des Vereins auf seine Rechte.   © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Bildausschnitt aus dem Gemälde “Generalleutnant Minutoli in der Oase Siwah” (Minutoli, in dunkelrotem Gewand, sitzt rechts im Zelt). Öl auf Leinwand, 100 x 128 cm, um 1823. Das Gemälde basiert auf einer Zeichnung von Minutoli und gehörte durch die Heirat von Minutolis Enkelin mit einem der Grafen von Pfeil und Klein-Ellguth bis 1945 zur Kunstsammlung von Schloss Friedersdorf/Queis. Es tauchte 1987 auf dem Münchner Kunstmarkt auf und wurde vom Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums Berlin e.V. erworben. Der letzte Eigentümer verzichtete zu Gunsten des Vereins auf seine Rechte. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Deckel des äußeren, anthropomorphen Sargs der Tare-kap (ÄM 3, 25.-26. Dynastie, aus Theben, 208 x 78 x 91 cm, Holz, grundiert und bemalt) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Deckel des äußeren, anthropomorphen Sargs der Tare-kap (ÄM 3, 25.-26. Dynastie, aus Theben, 208 x 78 x 91 cm, Holz, grundiert und bemalt)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Standfigur einer Priesterin. (ÄM 2309, Dritte Zwischenzeit, 746–655 v. Chr., Bronze, 57,5 x 13,5 x 12 cm)  © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Standfigur einer Priesterin. (ÄM 2309, Dritte Zwischenzeit, 746–655 v. Chr., Bronze, 57,5 x 13,5 x 12 cm)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Uschebti des Priesters Wah-ib-Re-m-Achet (ÄM 937, Spätzeit, 664–332 v. Chr., Fayence, 20,5 x 6 x 4,5 cm, aus Saqqara) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Uschebti des Priesters Wah-ib-Re-m-Achet (ÄM 937, Spätzeit, 664–332 v. Chr., Fayence, 20,5 x 6 x 4,5 cm, aus Saqqara)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Stelophor des Sa-Iset (ÄM 2314, Neues Reich, 18. Dynastie, 1550–1292 v. Chr., aus Theben-West, 30 x 14,5 x 17,5 cm, bemalter Kalkstein) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Stelophor des Sa-Iset (ÄM 2314, Neues Reich, 18. Dynastie, 1550–1292 v. Chr., aus Theben-West, 30 x 14,5 x 17,5 cm, bemalter Kalkstein) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Amduat des Priesters Hor-em-chemmis (P 3001, Dritte Zwischenzeit, 21. Dynastie, 1070–946 v. Chr., aus Theben, Papyrus, 34 x 770 cm) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß
Amduat des Priesters Hor-em-chemmis (P 3001, Dritte Zwischenzeit, 21. Dynastie, 1070–946 v. Chr., aus Theben, Papyrus, 34 x 770 cm)
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / S. Steiß

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