Europäische Kulturtage:

Besuch aus Småland: BILLY von IKEA

"I love the slender ones. We move around a lot and we have several places we call home. In one Billy we always put books related to the specific spatial context that the apartment / house is located in, in this case the borough Berlin Pankow. I like to combine Ikea with more antique and personal objects. The lady next to Billy is my great grandmother." (Léontine Meijer-van Mensch, Stellvertretende Direktorin des Museums Europäischer Kulturen) Foto: © Léontine Meijer-van Mensch

Auch wenn Småland als Region nicht jedem bekannt ist, so fanden doch viele Erzeugnisse aus dieser schwedischen Provinz Eingang in unseren Alltag. Während der Laufzeit der Småländischen Kulturtage im Museum Europäischer Kulturen stellt die wissenschaftliche Volontärin Alina Helwig hier die wichtigsten småländischen Exportschlager vor. Diese Woche: das Billy-Regal von IKEA.

Als zu Beginn des Jahres die Vorbereitungen für die Småländischen Kulturtage konkret wurden, war schnell klar, dass wir beim Thema „Exportschlager aus Schweden“ um IKEA, Astrid Lindgren und Co. nicht herum kommen werden. Bemerkenswert und neu war für uns die Erkenntnis, dass vieles, was wir als „typisch schwedisch“ bezeichnen, seinen Ursprung in Småland hat oder dort eine lange Tradition genießt. So stammt auch Ingvar Kamprad, der Begründer des schwedischen Möbelhauses mit vier Buchstaben, aus der historischen Provinz Småland, die mit ihren weiten Wäldern und zahlreichen Seen als das Herz der schwedischen Möbelindustrie gilt.

Einer der Verkaufsschlager von IKEA ist natürlich das BILLY-Regal. Es wurde millionenfach in die ganze Welt verkauft und steht bei vielen Zuhause. In schmal, breit, kurz oder lang, mit oder ohne Aufsatzmodul, Türen und Schubladen – die Ausführungen von BILLY sind so vielfältig wie seine Nutzung durch die Besitzer. Nach einer nicht ganz ernst gemeinten, stichprobenartigen Befragung unter meinen Kollegen und Kolleginnen scheint BILLY aber als klassisches Bücherregal ausgedient zu haben. Die Praxis zeigt, dass es sich auch hervorragend als Badezimmerschrank, zur Aufbewahrung von Bettwäsche und Winterbekleidung oder als Ablageregal in der Waschkammer eignet. Diese Erfahrung machte uns neugierig.

Mein BILLY und ich
Als Museum der Alltagskultur interessiert es uns naturgemäß brennend, wie sich Menschen ein solch standardisiertes, industriell hergestelltes Massenprodukt der Wohnkultur zu Eigen machen. Um diesen Prozess sichtbar zu machen – und um unsere Neugierde zu stillen – haben wir auf unserer Facebook-Seite die User aufgerufen, unter dem Hashtag #MyBillyandI ein Foto von ihrem BILLY zu posten und uns zu erzählen, was das Besondere an ihrem ganz persönlichen BILLY-Regal ist. Diesen Aufruf verstehen wir aber nicht nur als eine unterhaltsame Mitmach-Aktion.

Als kulturanthropologisches Museum begleiten wir aktuelle soziale und kulturelle Prozesse, zeigen Zusammenhänge auf und tragen zum Verständnis unserer gemeinsamen europäischen Geschichte und Kultur bei. Das BILLY-Regal ist in diesem Kontext durch seine weite Verbreitung Ausdruck einer kollektiven Wohnkultur, die jedoch bei näherer Betrachtung durch den Menschen eine individuelle Ausprägung erfährt. Die Mitmach-Aktion #MyBillyandI steht dabei für die Frage, wie partizipatives Sammeln der kulturellen Gegenwart in einer digitalen Welt aussehen kann – ein Thema, mit dem wir uns in Zukunft intensiv beschäftigen werden.

Wir sind sehr gespannt darauf, in den kommenden Wochen zu erfahren, welche BILLY-Geschichten noch da draußen sind und was sie uns – im Sinne der Sprache der Dinge – noch erzählen werden.

„I love the slender ones. We move around a lot and we have several places we call home. In one Billy we always put books related to the specific spatial context that the apartment / house is located in, in this case the borough Berlin Pankow. I like to combine Ikea with more antique and personal objects. The lady next to Billy is my great grandmother.“ (Léontine Meijer-van Mensch, Stellvertretende Direktorin des Museums Europäischer Kulturen)
Foto: © Léontine Meijer-van Mensch

Kommentare

    Kommentare

  • Ich finde die Verquickung von Museum (Ausstellung) und Werbung für IKEA besorgniserregend. Man könnte denken, IKEA kaufte sich da ein und das Museum für Europäische Kulturen spielt da auch noch mit. Sauer stieß mir bei der gestrigen Führung durch die Ausstellung in Dahlem auf, wie oft IKEA erwähnt worden ist, IKEA sponsert ja auch das (ach so teure) Frühstück für die Kinder am Sonntag und dann gibt es auch noch eine „Werbeveranstaltung“ am 13.08. von Anders Klintborg, Commercial Activity Leader & Local Marketing Specialist von IKEA Niederlande, einen „Vortrag über die Erfolgsgeschichte seines Möbelhauses“. Wird diese Veranstaltung kritisch begleitet? Zum Beispiel über DDR Zwangsarbeiter, die (seitens IKEA wissentlich) für IKEA schuften durften und keien Entschädigung erhielten.

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/studie-ikea-wusste-von-zwangsarbeitern-in-der-ddr-a-867686.html

    http://www.ddr-zwangsarbeit.de/

    • Lieber Stefan Krüger, das Thema der vierwöchigen Småländischen Kulturtage lautet „Exportschlager aus Schweden“. Hier geht es um Menschen, deren Ideen und Schaffen die südschwedische Region europaweit und darüber hinaus bekannt gemacht haben. Ingvar Kamprad, der Gründer IKEAs, stammt aus Småland – ihn und den Einfluss seines Konzerns während der Kulturtage nicht zu erwähnen, würde ein unvollständiges Bild dieser Region zeichnen. Da wir uns bei unserer Arbeit schwerpunktmäßig mit Alltagskultur beschäftigen, verfolgen wir beim Museum Europäischer Kulturen, wie IKEA die Wohnwelten vieler Europäer und Europäerinnen geprägt hat. IKEA hat sich nicht in diese Veranstaltungsreihe „eingekauft“, sondern wir haben im Gegenteil nach einem Vortrag gefragt und IKEA gebeten, ob die Firma die Kulturtage materiell unterstützen könne. Mit dieser Tatsache sind wir immer transparent umgegangen. Kritische Fragen sind am Donnerstag übrigens willkommen, denen sich der Referent stellen wird. Wir sind gespannt auf die Diskussion.

  • Stefan Krüger Leider bin ich im Urlaub, liebe(r) Herr/Frau XXX. Ich werde leider nicht an diesem „Vortrag“ teilnehmen können. Vielleicht können Sie ja in meinem Namen die o.g. Themen ansprechen? Es gehört zu einem Museum dazu, kritisch mit Dingen umzugehen und sich nicht auf EIN Thema zu versteifen. Man hatte bei der Führung das Gefühl, IKEA war DER Grund, diese Kulturtage zu veranstalten. Geldgeber (!), Vortrag, unkritischer, gar lobender Umgang… das gehört sich meiner Meinung nicht zu einem (Berliner) Museum. Wieso kocht dieses Museum sein eigenes Süppchen und schaut nicht über den Tellerrand hinaus? Man kann auch keinen Vortrag über und von z.B. Quandt-Erben stattfinden lassen in einem Museum (egal, in welchem Kontext) ohne die Rolle Des Unternehmens im Nationalsozialismus zu thematisieren! Übrigens:
    http://www.welt.de/politik/ausland/article13565891/Dunkle-Nazi-Vergangenheit-des-reichsten-Schweden.html

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