„Die Ideen kommen aus meinem Inneren“ – Schmuck von Jan Wehrens
Lesezeit 5 Minuten
Jan Wehrens (geb. 1945) bot dem Kunstgewerbemuseum eine Auswahl seiner Schmuckstücke als Schenkung an. Bei einem Besuch in seinem Münchner Atelier konnte sich die Kuratorin Ruth Egger ein Bild der langen Schaffensphase des Künstlers machen.
Text: Ruth Egger
Ausbildungsjahre – Man benötigt Planung, um etwas zu realisieren
In seinen Studienjahren lernte Jan Wehrens, wie man die Erschaffung eines Kunstwerkes angeht. Er stellte fest, dass man Planung benötigt, bevor man etwas realisieren kann. Geboren und aufgewachsen in den Niederlanden studierte er zunächst an der Akademie für Angewandte Kunst in Maastricht. Nach seinem Abschluss sah er Arbeiten des Goldschmieds Hermann Jünger (1928–2005) in einer Zeitschrift und bewarb sich prompt an der Akademie der Bildenden Künste in München. Zu seiner Überraschung wurde er zu einem Kolloquium eingeladen und sofort angenommen.
An der Münchner Akademie fand Jan Wehrens ab 1972 die Möglichkeit, mit verschiedenen Materialien, Formen und Techniken zu experimentieren. In der Goldschmiedeklasse von Hermann Jünger befasste er sich mit dem Thema „Scheibe“ in verschiedensten Ausprägungen. Er war fasziniert von der kühlen, technisch anmutenden Wirkung von Edelstahl. Daneben arbeitete er vorzugsweise mit Eisen. Wehrens experimentierte mit oxidiertem Eisen, Feuervergoldung und malerischer Oberflächengestaltung.
In der Bildhauerklasse von Hans Ladner (1930–2001) begann Jan Wehrens, „figürlich“ zu arbeiten. Obwohl Hermann Jünger ihn davon abbringen wollte, Skulpturen zu schaffen, ließ er sich nicht beirren. Inspiriert von Naturstudien und dem Modellieren mit Ton vor Aktmodellen schuf Wehrens lebensgroße Figuren. Mit einer Oberfläche, die an welke Blätter erinnert, beschäftigten sich diese mit der Vergänglichkeit des Irdischen.
Erste Ausstellungen und Erfolge
Noch vor Abschluss seines Studiums im Jahr 1979 waren die Werke von Jan Wehrens auf Ausstellungen in London, München und Augsburg zu bewundern. Gefragt waren neben den ovalen Broschen aus seiner Diplomarbeit vor allem seine Skulpturen. Der dänische Bildhauer Robert Jacobsen (1912–1993) beschrieb seinen Blätterkopf als die beste Arbeit, die er an der Akademie gesehen hatte.
Obwohl seine Skulpturen aus getrockneten Blättern sehr begehrt waren, hörte Wehrens auf, diese zu produzieren. Er wollte nicht, dass sie „zu einer Masche“ werden. In seiner jahrzehntelangen Karriere verstand der Künstler es dennoch, großformatige Plastiken aus dem Bereich der Raumkunst neben persönlichem Körperschmuck herzustellen.
Seit den 1980er Jahren waren die Kunstwerke von Jan Wehrens auf der ganzen Welt zu sehen. Präsentiert wurden sie unter anderem auf Ausstellungen in Tokyo, Barcelona, New York, Sydney, Berlin sowie seiner Heimatstadt Sittard in den Niederlanden. Als schönste Ausstellung nennt er die Präsentation „Jan Wehrens: Schmuck und Plastik 1979–1992“ des Bayrischen Kunstgewerbevereins.
Vom Geometrischen zum Figürlichen – Schmuckstücke von Jan Wehrens
In einer kleinen Auswahl an Broschen und Anhängern des Künstlers lässt sich seine klare Formensprache erkennen. Wehrens selbst schreibt sich keiner bestimmten Stilrichtung zu. Er sagt, die Ideen für seine Arbeiten kommen irgendwie aus seinem Inneren.
In seinen frühen Werken verwendete der Künstler gerne Eisenblech. Durch Schneiden und Schmiede, Knicken und Falten erschuf er damit großformatige Broschen und Skulpturen. Wehrens spielte mit der Geometrie und der Mathematik von Fläche und Raum. Eine eiserne Brosche aus dem Jahr 1987 greift das Thema der „Scheibe“ auf und kombiniert dieses mit Dreiecken und der Oberflächenbemalung von Metall. Auch ein Anhänger von 1994, der fast wie ein abstraktes Schriftzeichen anmutet, zeugt von seinem geometrischen Stil.
Etwa ab 2008 wandte sich der Künstler wieder vermehrt figürlichen Formen zu. Begeistert vom 2006 erschienen Bondfilm „Casino Royal“ begann er, Dollarzeichen, Pistolen, Spielkarten, High Heels und Lippenstifte als Stilelemente aufzunehmen. Wehrens kam auf die Idee, die Technik des Scherenschnittes auf seine Kunst zu übertragen. Um naturalistische Formen zu kreieren, schnitt er Motive aus Zeitschriften aus, klebte sie auf dünne Bleche und sägte sie aus.
Inspiriert von einem Album-Cover der Gruppe „Talking Heads“, das amerikanische Flugzeuge im Anflug auf Pearl Harbour zeigt, entstand 2011 eine Reihe an Broschen mit dem Titel „Remain in Light“. Die Schmuckstücke aus der Serie zeigen etwa Flugzeuge mit als Herzchen getarnten Bomben. Die zugehörige Brosche „The Men Behind“ verweist mit dem großen Dollarzeichen auf das Geschäft mit der Rüstungsindustrie. Kennzeichnend sind die Textzeichen in falscher Reihenfolge. Gespiegelt und von unten nach oben geschrieben regen sie zum genauen Hinsehen an.
Die Stilelemente des Flugzeugs und der Buchstaben tauchen auch in zwei späteren Werken wieder auf. Ein Anhänger von 2017 und eine Brosche von 2020 stehen beide unter dem Motto „Hollywood Botox“. Mit einem High Heel als Grundelement schließt die Brosche die kleine Auswahl an Werken von Jan Wehrens ab. Gleichzeitig passt der Schuh wunderbar in die Sammlung an Mode, Accessoires und Schmuck im Kunstgewerbemuseum.
Fazit und Wünsche für die Zukunft
Ein klares Fazit möchte Jan Wehrens aus seiner langen Schaffensphase nicht ziehen. Am liebste wäre es ihm, wenn seine Werke breit gestreut über den Globus verteilt sichtbar bleiben.
Großteils ist dieser Wunsch für den Künstler auch schon in Erfüllung gegangen: Schon heute sind seine Werke in verschiedensten Sammlungen wie der Knapp Collection in New York, dem Dallas Museum of Art, dem Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart, dem Schmuckmuseum Pforzheim und dem Münchner Pinakothek der Moderne vertreten. Mit der Neuerwerbung des Kunstgewerbemuseums werden seine Stücke nun auch in Berlin präsentiert und erweitern die Sammlung an zeitgenössischem Schmuck.
Wir danken Jan Wehrens recht herzlich für seine Schenkung und wünschen ihm, dass seine Kunstwerke weiterhin auf der ganzen Welt sichtbar bleiben.
Wie können wir nachhaltige und regionale Produktion in der Zukunft gestalten? Diese Frage rückt der Designer Hermann August Weizenegger (HAW)… weiterlesen
Anlässlich der Wiedereröffnung des Kunstgewerbemuseums gibt es eine Neuerung in der dortigen Modegalerie. Den Abschluss des Rundgangs bildet nun ein… weiterlesen
Das Kunstgewerbemuseum besitzt großartige Schätze vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Die jüngste Abteilung des Museums, die Sammlung Design, enthält… weiterlesen
Unsere Webseite verwendet Cookies. Diese haben zwei Funktionen: Zum einen sind sie erforderlich für die grundlegende Funktionalität unserer Website. Zum anderen können wir mit Hilfe der Cookies unsere Inhalte für Sie immer weiter verbessern. Hierzu werden pseudonymisierte Daten von Website-Besuchern gesammelt und ausgewertet. Das Einverständnis in die Verwendung der Cookies können Sie jederzeit widerrufen. Weitere Informationen zu Cookies auf dieser Website finden Sie in unserer Datenschutzerklärung und zu uns im Impressum.
Funktional Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.
Kommentare