Museum für Asiatische Kunst:

Neues Teehaus im Humboldt Forum: „Eine Schale maximal“

Teehaus im Humboldt Forum, Bereich Asien im Ausstellungsmodul zu japanischer Kunst (Rendering). © SHF / URA Architects & Engineers

Die japanischen Teezeremonien im Museum für Asiatische Kunst waren immer sehr beliebt – diese Tradition wird im Humboldt Forum fortgesetzt. Kurator Alexander Hofmann erklärt im Interview, wie der neue Teeraum aussehen wird und welche Bedeutung die Teezeremonie hat.

Interview: Stefan Müchler

Im Museum für Asiatische Kunst fanden ab 2005 regelmäßig öffentliche japanische Teezeremonien statt. Im Humboldt Forum, der neuen Heimat des Museums, soll diese Tradition fortleben. Nun wurde der Vertrag zum Bau eines neuen Teehauses im Humboldt Forum unterzeichnet. Was wird dort jetzt entstehen?
Alexander Hofmann: Für das Humboldt Forum haben wir ein weltweit ziemlich einzigartiges Teehaus geplant. Realisiert wird ein Entwurf von URA Architekten aus dem japanischen Kanazawa, der im Ergebnis mehr Kunstwerk als Architektur ist. Das Teehaus wurde in enger Abstimmung mit einem japanischen Teemeister geplant und gemeinsam mit Kunsthandwerkern verschiedener Disziplinen entworfen.

Was macht den Siegerentwurf von URA Architekten besonders? Worauf freuen Sie sich?
Das großartige an diesem Entwurf ist, dass er einerseits Elemente des Traditionellen und des Gegenwärtigen vereint und andererseits auf eine praktische Nutzung ausgelegt ist. Das war für uns ein ganz zentraler Punkt, da der Teeraum durch die Communities der Teepraktizierenden hier in Berlin intensiv genutzt werden soll. Diese haben wir von Anfang an – bei der Ausschreibung, in der Jury und bei der Entscheidungsfindung – beteiligt. Gerade für die Teepraktizierenden steht natürlich die Benutzbarkeit im Vordergrund und ich freue mich sehr, dass wir diese mit einer ansprechenden Gestaltung vereinen konnten.

Der Siegerentwurf hat auch einen dezidierten Berlin-Bezug …
Der Berlin-Bezug schlägt sich sowohl in der Form, wie auch in der Materialität nieder. Zentrales Element des Raums ist eine Oktagonform aus Cortenstahl mit einer charakteristischen Rost-Patina, die auf die Spitze des zerstörten Turmes der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche anspielt. In Berlin ist sie ein Mahnmal gegen Krieg und für den Frieden. Die Erfahrung des Krieges und seiner Folgen verbindet Japan und Deutschland; sie ist in Japan noch verstärkt durch die Erinnerung an den Atombombenabwurf.
Der starke Wunsch nach Harmonie und Frieden ist auch für viele Teemeister und Teepraktizierende zentral. Mit dem Siegerentwurf verbinden sich die Aussage des Teeweges und die Architektur in idealer Weise. Es war für den Gestalter auch ganz wichtig eine Brücke zwischen Deutschland und Japan zu schlagen. Die Teepraxis hat zwar japanische Ursprünge, wird aber heute auf der ganzen Welt praktiziert und soll im Humboldt Forum ein lebendiger Beitrag zur Kulturszene Berlins werden.

Teehaus im Humboldt Forum, Bereich Asien im Ausstellungsmodul zu japanischer Kunst (Rendering). © SHF / URA Architects & Engineers
Teehaus im Humboldt Forum, Bereich Asien im Ausstellungsmodul zu japanischer Kunst (Rendering).
© SHF / URA Architects & Engineers

Sie sprachen von der Einbindung der Communities der Teepraktizierenden in den Planungsprozess. Wie kann man sich diese Communities vorstellen?
Der Chadō Urasenke Teeweg-Verein Berlin e.V. ist der Hauptnutzer und hat sowohl japanische als auch deutsche Mitglieder wie auch Teepraktizierende der internationalen Community, die sich für die Praxis der Teezusammenkünfte interessieren. Sie praktizieren derzeit noch in unserem alten Teeraum in Dahlem und in naher Zukunft möchten wir sie im Humboldt Forum willkommen heißen. Daneben nutzen aber auch andere Teeschulen den Raum in Dahlem und hoffentlich auch den neuen im Humboldt Forum.
Eine Teezusammenkunft ist immer ein gemeinschaftliches Erlebnis und ein gemeinschaftliches Kunstwerk – das kann ein Kurator nicht alleine stemmen, da es eines Publikums und ausgewiesener Experten bedarf. Die allermeisten meiner japanische Kuratorenkolleginnen und Kollegen haben zumindest eine Grundausbildung im Teeweg absolviert, da dieser so zentral für die japanische Kunst und Kultur und die Praktiken der Kunstpräsentation ist.

Ist der Teeweg identisch mit der Teezeremonie?
Teezeremonie ist ein Wort, das unsere japanischen Kollegen nicht gerne verwenden. Für die Praktizierenden ist es eine Lebenspraxis die ganz unterschiedliche Elemente beinhaltet – unter anderem auch eine Schulung in Etikette. Die Handlungen sind ganz stark durchchoreografiert. Die Reihenfolge und welche Elemente der Choreografie zur Geltung kommen, hängt wiederum vom Typ der Zusammenkunft ab. Die Frage, ob es eine formelle oder informelle Teezusammenkunft ist, die Jahreszeit und wie viele Gäste erwartet werden bestimmen das konkrete Arrangement der Zeremonie.
Der Teeweg ist es eine Praxis der Bewusstseinsschulung und der Konzentration, er ist aber auch eine Kunsterfahrung. Die Teepraktizierenden arbeiten hierbei ganz häufig mit vorgefundenen Objekten. Die Teemeister aus dem 16. und 17. Jahrhundert haben oftmals Schalen aus dem täglichen Gebrauch genutzt, deren Form sie ansprechend fanden, die aber nicht unbedingt schön sein müssen. Ich werde häufig gefragt, was diese hässlichen Müslischalen in unseren Vitrinen machen – aber diese Objekte haben in der Regel Charakter und eine ihnen ganz eigene Schönheit. Sie werden aus einem reinen Gebrauchskontext in einen Kunstzusammenhang überführt.

In Dahlem waren öffentliche Teezeremonien immer sehr beliebt; wird es solche auch im Humboldt Forum geben?
Wie bisher in Dahlem wird es auch im Humboldt Forum Demonstrationen geben. Hierbei werden typische Formen von Teezusammenkünften vorgeführt und die Besucher bekommen Tee und Süßigkeiten gereicht, erfahren die Schalen im Gebrauch. Aus den Zuschauern werden Teilnehmer. Die Gäste fühlen die Wärme des Tees und der feine hellgrüne, aufgequirlte Tee ist auch ein optisches Erlebnis.

Teehaus im Humboldt Forum, Bereich Asien im Ausstellungsmodul zu japanischer Kunst (Rendering). © SHF / URA Architects & Engineers
Teehaus im Humboldt Forum, Bereich Asien im Ausstellungsmodul zu japanischer Kunst (Rendering).
© SHF / URA Architects & Engineers

Wir sprechen hier also von einem Tee, der sich stark von dem hierzulande bekannten Aufguss unterscheidet?
Der Pulvertee besteht aus dem zermahlenen Blatt, was den Tee so besonders macht. Man trinkt also das Blatt, es ist kein Aufgusstee wie in vielen anderen Kulturen. Daher ist der Tee auch sehr intensiv und man trinkt in der Regel nur eine einzige Schale. Mein Rat an Unerfahrene ist immer nur eine Schale zu trinken – es sein denn man will die Nacht durchmachen.

Wie kann man sich eine solche Teezeremonie vorstellen?
Zunächst kommen die Gäste in den Hauptraum, der Teemeister tritt aus dem Vorbereitungsraum kommend dazu und begrüßt die Gäste. Ein Teeraum unterscheidet sich von allen anderen Räumen eines Hauses vor allem darin, dass er eine in den Boden eingelassene Feuerstelle hat, auf der das Wasser für den Tee erhitzt wird.
Die eigentliche Zeremonie beginnt mit dem Hereinbringen der benötigten Utensilien durch den Teemeister: die Schalen, ein Gefäß für frisches Wasser, ein Gefäß in das das Spülwasser kommt, eine Bambuskelle mit der das Wasser geschöpft wird, ein Aufbewahrungsgefäß für den Pulvertee, das entweder aus Lack oder Keramik besteht, ein Bambuslöffel um den Tee aus diesem Gefäß in die Teeschalen zu bringen und ein ebenfalls aus Bambus bestehender Quirl. Dieser sieht ein wenig aus wie ein Rasierpinsel und dient dazu, den pulverisierten Tee, auf den das heiße Wasser geschüttet wird, aufzuschäumen.
Danach wird der Tee getrunken. Der Gastgeber trinkt in der Regel nicht; das ist nur bei sehr informellen Teezusammenkünften der Fall. Anschließend können die Gäste bitten, die Utensilien zu begutachten. In der Regel zieht sich der Gastgeber dazu diskret in den Vorbereitungsraum zurück. Wenn es unruhig wird kommt er wieder herein, sammelt die Utensilien ein und bringt sie in der umgekehrten Reihenfolge wieder in den Vorbereitungsraum zurück. Damit ist die Zusammenkunft nach der Verabschiedung durch den Gastgeber beendet.

Teehaus im Humboldt Forum, Bereich Asien im Ausstellungsmodul zu japanischer Kunst (Rendering). © SHF / URA Architects & Engineers
Teehaus im Humboldt Forum, Bereich Asien im Ausstellungsmodul zu japanischer Kunst (Rendering).
© SHF / URA Architects & Engineers

Welche Rolle spielt die Teezeremonie in der japanischen Kultur?
Über die Jahrhunderte ist die Teezusammenkunft eine Art Nationalsymbol geworden. Hier wird Gemeinschaft inszeniert und erfahrbar gemacht; eine Gemeinschaft, die eine gemeinsame Kultur, nämlich die des Teewegs teilt und in der Utensilien benutzt werden, die eine Verbindung herstellen. Beispielsweise wird oft aus Schalen getrunken, die schon die Vorfahren genutzt haben – sowohl die des Teemeisters als auch die der Gäste. Die Teezusammenkunft ist ein sehr komplexes Medium, da sie unterschiedlichste ästhetische Botschaften senden kann und das Miteinander der Praktizierenden wie auch die gemeinsame Interaktion mit den Objekten in das Zentrum stellt.
Die Zeremonie ist so bedeutend, da sie noch immer aktiv gelebt wird und einen zentralen Stellenwert für die Repräsentation Japans nach innen sowie auch gegenüber dem Ausland hat. Auch die meisten japanischen Diplomaten haben daher einen Grundkurs der Teezusammenkunft belegt.

Teehaus im Humboldt Forum, Bereich Asien im Ausstellungsmodul zu japanischer Kunst (Rendering). © SHF / URA Architects & Engineers
Teehaus im Humboldt Forum, Bereich Asien im Ausstellungsmodul zu japanischer Kunst (Rendering).
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