Tracking Talents: Design meets Technologie

Die Ausstellung „Mode (verfolgen): Tracking Talents“ geht den Prozessen des Gestaltens und Produzierens von Mode auf den Grund. Verschiedene Arbeiten zeigen, wie handwerkliche Techniken und neue Technologien Innovation befördern. Nele Mai, Praktikantin am Kunstgewerbemuseum, sprach mit Kuratorin Clara Leskovar über das Projekt.
Interview: Nele Mai
Wie ist die Idee für “Tracking Talents“ entstanden?
Clara Leskovar: Auch zum 100-jährigen Jubiläum des Bauhaus gilt, dass seine Gestaltungsansätze und Formensprache bis heute ihre Gültigkeit bewahrt haben. Der methodische Ansatz von Walter Gropius, künstlerische Gestaltung mit dem Handwerk zu verbinden, ist immer noch eine zeitgemäße Bauhausschule. Heute kommen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und die technischen Neuerungen hinzu. Konstruktion, Handwerk und Technik beeinflussen den Designentwurf. Neben der Form und der Funktion steht in der Mode die Emotion. Diese verschiedenen Faktoren, die angehende Designer*innen heute berücksichtigen, haben wir versucht, in der Ausstellung „Tracking Talents“ sichtbar zu machen. Die Ausstellung ist eine Art Dokumentation des experimentellen und freien Gestaltens an der Hochschule in Verbindung mit dem Handwerk.
Wie lässt sich Mode verfolgen und was bedeutet das überhaupt?
Die Ausstellung ist die finale Etappe eines sechsmonatigen Projektes, an
dem vier europäische Modeschulen beteiligt waren. Die Besucher*innen
können durch eine Videoprojektion einzelne Ausstellungsteile während
ihrer Entstehung mitverfolgen. Sie erleben die Design-Studierenden bei
der Arbeit an den Maschinen, in den Ateliers und Manufakturen. Das sind
Arbeitsphasen, in die man normalerweise kaum Einblicke erhält.
Arbeitsprozesse und Arbeitsschritte wurden aufgezeichnet, um sie für die
Besucher*innen sichtbar zu machen, sie am Entstehungsprozess teilhaben
zu lassen, Mode in ihrer Entstehung mitverfolgen zu können.
Wie hat sich der Produktionsprozess von Mode im Laufe der Zeit verändert?
Heute nimmt zum Beispiel in den Strickfirmen das Programmieren der
Strickmuster einen großen Teil der Arbeit ein. Designer*innen müssen im
Ansatz verstehen, wie diese Prozesse funktionieren, um sie für die
Gestaltung nutzen zu können. Strickmaschinen können sehr aufwändige
Musterungen und Techniken stricken, leitfähige Garne verarbeiten oder
3-D-Elemente, zum Beispiel für Turnschuhe, stricken. Manchmal ist es
aber auch nötig, die sehr leistungsfähigen Computer „auszutricksen“, um
den Designentwürfen näher zu kommen. Ein Design-Team hatte
beispielsweise ein großes Strickbild entworfen. Die Datei war für den
Computer jedoch viel zu groß. Ab einer gewissen Größe wollte der
Computer das Gestrick immer wieder abwerfen. Deshalb waren der
Programmierer und die Studierenden eine Zeit lang damit beschäftigt, aus
einem „Ende“ einen „Anfang“ zu machen, um ein langes Gestrick ohne
Verbindungsnähte zu produzieren.
Wie gehen die Studierenden mit den Materialien um? Sind neue hinzugekommen und gibt es besonders innovative Materialien?
Materialstudien sind von großem Interesse für die Studierenden. Das
sinnliche Erfahren von Materialien und Formen, das Experimentieren,
etwas mit den eigenen Händen zu machen, neue und alte handwerkliche
Techniken zu lernen und auszuprobieren, spielen eine große Rolle.
Der Studierende Nicolas Mezes hat sich mit hauchdünnen Schieferplatten
beschäftigt, die eigentlich im Interior eingesetzt werden. Er hat diese
Platten mit Wärme flexibel gemacht und sie dann zu Taschen
weiterverarbeitet. Diese Taschen sehen durch die handwerkliche
Verarbeitungsweise aus wie Ledertaschen, bestehen aber in Teilen aus
Schiefer.
Henrike Schmitz, eine Studierende im Masterstudiengang, hat sich
intensiv mit dem Thema Strick auseinandergesetzt. Die Strickmaschine, an
der sie im Textilinstitut in Chemnitz gearbeitet hat, wird
normalerweise für einfache, einfarbige Rundschläuche genutzt. Sie hat so
lange an der Maschine gearbeitet, bis über 30 verschiedene Garnfarben
auf einmal in einem Strickteil verstrickt waren.
Die Studierende Léa Morra aus Paris hat auf Latex ein ganz feines Muster
gezeichnet, dass wie ein großes Tattoo aussieht. Der Mantel, der daraus
entstanden ist, wirkt wie eine zweite, weite und sehr verletzliche
Haut. Diese verschiedenen Ansätze zeigen, wie vielfältig die
Möglichkeiten sind, wenn Gestaltung und Technologien sich gegenseitig
inspirieren.
Die Ausstellung “Tracking Talents” läuft noch bis 4.8.2019 im Kulturforum und wird gefördert im Fonds Bauhaus der Kulturstiftung des Bundes.
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