Lust und Last körperlicher Aktivität: Die neue Volontärsausstellung
Lesezeit 4 Minuten
Arbeit, Jagd, Luxus,: Diese und mehr Themen behandelt die
Ausstellung „STATUS.MACHT.BEWEGUNG. Lust und Last körperlicher
Aktivitäten“ derzeit. Das Gemeinschaftsprojekt der Volontär*innen der
Staatlichen Museen zu Berlin vereint dafür 130 Objekte, die
normalerweise nicht gemeinsam zu sehen sind.
Text: Christopher Hölzel
Alle
zwei Jahre organisieren die Volontär*innen der Staatlichen Museen zu
Berlin und des Musikinstrumentenmuseums eine eigene Ausstellung. Nach „Bart“ (2015–2016) und „Fleisch“ (2018–2019) folgt nun die Schau „STATUS.MACHT.BEWEGUNG. Lust und Last körperlicher Aktivität“.
Wie schon bei den zwei vorausgegangen Ausstellungen ermöglicht das
Thema eine sammlungsübergreifende und interdisziplinäre Präsentation von
Objekten. Eine große Gruppe von Nachwuchswissenschaftler*innen mit
unterschiedlichsten wissenschaftlichen Hintergründen erarbeitete sich
die Thematik gemeinsam und setzte diese in Teamarbeit um, obwohl der
coronabedingte Lockdown die Planungen erschwerte.
Der
gesellschaftliche Status wird durch Faktoren wie Alter, Geschlecht und
Wohlstand, aber auch durch individuelle Fähigkeiten bestimmt. Die Macht
von sozial höher gestellten Personen wird unter anderem durch Formen der
Bewegung signalisiert. Exemplarisch für diese Phänomene thematisieren
wir daher die Jagd der Oberschicht, stilvolles Unterwegssein und
repräsentatives Nichtstun sowie Körper(ver)formungen. Diese Statusmarker
treten in allen arbeitsteiligen, hierarchisch organisierten
Gesellschaften auf. Wer es sich leisten kann oder aufgrund der sozialen
Position Macht ausübt, betont bestimmte Bewegungen, lässt sie von
anderen ausführen oder verzichtet komplett darauf. Das Thema „Arbeit als
Grundlage“ leitet in die Ausstellung ein und zeigt, dass die
Statussymbole der einen immer auf der Arbeit der anderen beruhen.
Käthe
Kollwitz zeigt in ihrer Druckgrafik Bild „Die Pflüger“ auf überspitzte
Art und Weise die alltäglichen Mühen der Landwirte im beginnenden 20.
Jahrhundert. Für den allgemeinen Wohlstand mussten und müssen Mensch und
Tier – sofern es nicht Maschinen übernehmen – hart arbeiten. Neben
Objekten, mit denen gearbeitet wurde, sind in der Ausstellung u.a.
Fotografien von arbeitenden Menschen zu sehen.
Eine Tätigkeit, die
ihren Ursprung in der Nahrungsbeschaffung hat, haben sich Angehörige
der Oberschicht über nahezu alle Zeiten und geographischen Räume quasi
reserviert und Abbildungen davon mit einem hohen Status konnotiert: Die
herrschaftliche Jagd. Die reale Jagd, wie die Löwenjagd des assyrischen
Königs Assurnasirpals II. eindrucksvoll zeigt, ist ebenso Thema wie die
heroische und mythologische Jagd. Die direkte Gegenüberstellung einer
Vase aus der griechischen Antike mit einer großformatigen Porzellanfigur
aus dem frühen 20. Jahrhundert, beide zeigen Herakles‘ Jagd auf den
erymanthischen Eber, macht den zeitlosen Charakter dieser Thematik
deutlich.
Bewegung
im Sinne von Fortbewegung wird in dem darauffolgenden Kapitel
thematisiert. Der ‚Klassiker‘ der unmotorisierten und gleichzeitig
stilvollen Mobilität ist die Sänfte. Die Insassen waren vor dem Schmutz
der Straße geschützt, während die Träger buchstäblich die Last schultern
mussten. Die Idee, sich tragen zu lassen, hatte zu verschiedenen Zeiten
und in unterschiedlichen Gegenden ähnliche Ausprägungen: Eine
prunkvolle italienische Sänfte aus dem 18. Jahrhundert folgt demselben
Prinzip wie z.B. japanische Tragesänften.
Schönheitsideale durch Raum und Zeit
Was
gibt es schöneres als das süße Nichtstun, zum Beispiel beim gemeinsamen
Musizieren oder beim Spaziergang durch den Park. Diese Art der
Entspannung war jedoch nur für Privilegierte möglich. Erst mit der
Entwicklung einer ausgeprägten Freizeitkultur ab der Mitte des 20.
Jahrhunderts wurde der Luxus der Freizeit der breiten Masse zugänglich.
Ein anderes Beispiel des Müßiggangs ist das Spielen. Das Bedürfnis nach
Zerstreuung und Spaß nahm verschiedene Züge an, blieb im Grundsatz aber
doch gleich. In der „Spielevitrine“ werden Objekte aus über 2500 Jahren
gemeinsam präsentiert: Ein Brettspiel aus dem antiken Babylon neben
einem Belagerungsspiel aus dem 19. Jahrhundert und Game-Boy-Spielen vom
Ende des 20. Jahrhunderts.
Der
Abschluss der Ausstellung dreht sich ganz um Körper(ver)formungen, die
aus Bewegung im Sinne von körperlichem Training sowie durch das gezielte
Verunmöglichen von Bewegungen resultieren. In diesem Kapitel
thematisieren wir unterschiedliche gesellschaftliche Schönheitsideale
und ihre Auswirkungen auf den Körper. Entsprechen die männlichen Statuen
der griechisch-römischen Antike mit ihren „Sixpacks“ den heutigen,
europäischen Schönheitsidealen, zeigen Abbildung der wohlbeleibten aber
dennoch durchtrainierten japanischen Sumo-Ringer ganze andere Ideale.
Die Ausstellung „STATUS.MACHT.BEWEGUNG. Lust und Last körperlicher Aktivität“
läuft bis 10. Januar 2021 in den Sonderausstellungshallen am
Kulturforum. Jeden Donnerstag zwischen 16 und 18 Uhr sind Kurator*innen
für Eins-zu-Eins Gespräche in der Ausstellung anzutreffen. (Zeitfensterticket erforderlich). Zur Ausstellung erscheint eine Publikation im Sandstein-Verlag, hrsg.
für die Staatlichen Museen zu Berlin von Frederik Grosser, Teresa
Laudert, Silvia Massa und Philipp Zobel, mit einem vollständigen
Objektverzeichnis und 16 Essays von Nachwuchswissenschaftler*innen, 104
Seiten, ca. 50 Abbildungen, ISBN 978-3-95498-565-4, Preis: 15 €.
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